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Alte Wälder sind für den Klimaschutz unverzichtbar  

Weltweit zerstören Brände, Stürme, Abholzung die alten Wälder. Sie sind jedoch unerlässlich als Speicher und Senken für das Treibhausgas CO₂, da sie auf der gleichen Fläche mehr als doppelt so viel Kohlenstoff speichern wie junge Wälder. Eine Studie von Simon Besnard et al. vom Geoforschungszentrum Potsdam zeigt: Regionen mit starker Umwandlung von alten in junge Wälder zeigen zunächst eine verstärkte Senkenwirkung, da junge Wälder schnell wachsen und viel CO₂ aufnehmen. Langfristig jedoch können sie die hohe Speicherleistung alter Wälder nicht ersetzen, da eine vollständige Wiederherstellung der Vorräte Jahrhunderte dauert.

Die Wissenschaft diskutiert seit Jahren, ab welchem Alter Bäume und Wälder mehr Kohlendioxid langfristig aus der Atmosphäre binden und damit einen relevanten Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die Kenntnis der Senken- und Speicherleistung von Wäldern beeinflusst die Bewirtschaftungsintensität ebenso wie Entscheidungen über Erhaltung oder die Unterschutzstellung von Waldflächen.

Das Autorenteam um Hauptautor Simon Besnard vom Geoforschungszentrum in Potsdam hat in der Studie Global covariation of forest age transitions with the net carbon balance untersucht, wie sich der Kohlenstoffhaushalt einer Waldfläche verändert, wenn sich die die Alterstruktur der dort wachsenden Bäume durch Störungen verringert. Störungen können eine Vielzahl von Ereignissen sein, zum Beispiel Windwurf, Feuer oder auch die Waldbewirtschaftung. Konkret sind die Autoren drei zentralen Forschungsfragen nachgegangen:

Wie haben sich Waldaltersklassen flächenmäßig in Hektar weltweit verschoben?

Welche Folgen haben Übergänge von alten zu jungen Wäldern (Bestandesersatz) für den Kohlenstoffhaushalt?

Wie wirken sich alternative Zukunftsszenarien – „Business as usual“ (BAU) vs. konsequenter Waldschutz – bis 2050 aus?  

Dazu haben die Forschenden anhand der verfügbaren Daten, die im Methodikteil am Ende der Seite vorgestellt werden, vier Waldaltersklassen gebildet. Die erste Waldaltersklasse umfasst junge Wälder bis 20 Jahren. Danach folgt die Altersklasse der heranwachsenden Wälder mit 21-80 Jahren. Die dritte Klasse sind die reifen Wälder zwischen 81 und 200 Jahren und die letzte Alterklasse sind die alten Wälder über 200 Jahre.

Vor allem alte Wälder in den Tropen verschwinden

Zwischen 2010 und 2020 hat sich weltweit die Altersstruktur der Wälder maßgeblich verändert. Vor allem alte Wälder mit einem Alter von mehr als 200 Jahren sind verschwunden: weltweit schrumpfte ihre Fläche um rund 30 Millionen Hektar. Das entspricht etwa der Größe von Italien und bedeutet einen Rückgang von 2,6 bis 3,3 Prozent. Die meisten Wälder wurden in den Tropen zerstört – insbesondere im südamerikanischen Amazonas und im afrikanischen Kongo-Becken sowie in Südostasien. Aber auch in Teilen Sibiriens gingen große Bestände alter Wälder durch Brände, Stürme oder Nutzung verloren.

Gleichzeitig nahm die Fläche reifer Wälder zwischen 81 und 200 Jahren um etwa 80 Millionen Hektar zu, was einem Plus von rund acht Prozent entspricht. Dieser Zuwachs fand vor allem in Europa, China und Nordamerika statt, wo frühere Nutzungsflächen allmählich ins Reifestadium übergingen.

Die heranwachsenden Wälder zwischen 21 und 80 Jahren zeigen weltweit eine leicht schwankende Tendenz mit insgesamt stabilen bis leicht rückläufigen Flächenanteilen (bis zu 20 Millionen Hektar weniger). In China und Teilen Europas wachsen die Flächen leicht, während sie in anderen Regionen wie in Australien durch Buschfeuer schrumpfen.

Die jungen Wälder mit einem Alter bis zu 20 Jahren zeigten hingegen im Untersuchungszeitraum einen globalen Rückgang um etwa 40 Millionen Hektar. Regional waren die Muster jedoch sehr unterschiedlich: In den borealen Regionen Eurasiens entstanden mehr junge Wälder nach Bränden und anderen Störungen, während in Europa kaum Veränderungen erkennbar waren. In Südostasien nahm die Fläche junger Wälder ab, da gerodete Flächen oft nicht wieder bewaldet wurden, sondern in Agrar- oder Plantagenflächen umgewandelt wurden.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass die tropischen Wälder vor allem durch Verjüngung und Speicherverluste geprägt waren, während in Europa und China eine deutliche Alterung aufgrund von Schutzmaßnahmen, geringerer Nutzung und Aufforstung zu beobachten war. In den borealen Regionen Nordamerikas und Eurasiens ergibt sich ein gemischtes Bild, mit einer Tendenz zur Alterung.

Ungestörte alte Wälder speichern mehr als das Dreifache des Kohlenstoffs pro Fläche im Vergleich zu jungen Wäldern

Für den Kohlenstoffhaushalt sind die Ergebnisse eindeutig. Erstens: Ungestörte Wälder speichern mehr Kohlenstoff als gestörte Wälder. Und zweitens: Alte Wälder speichern mehr Kohlenstoff als junge Wälder.

Die Autoren haben die Daten aus alten und ungestörten Wäldern mit anderen ungestörten Wäldern der vier Altersklassen verglichen und gesehen, dass alte, ungestörte Wälder das dreifache an Kohlenstoff speichern, wie junge ungestörte Wälder. Das zeigen die Daten der Studie: Junge Wälder speichern 23,8 Tonnen (t) Kohlenstoff (C) pro Hektar, heranwachsende Wälder 29,5 t C pro Hektar, reife Wälder speichern 50,5 t C pro Hektar und alte Wälder 77,8 t C pro Hektar.

In der Studie wurden die alten Wälder analysiert, die durch junge Wälder ersetzt wurden. Das betraf alte Wälder mit einem Alter von mehr als 200 Jahren. Diese speicherten im Durchschnitt rund 98 Tonnen (t) Kohlenstoff (C) pro Hektar, während junge Wälder unter 20 Jahren nur etwa 43,5 t C pro Hektar (oder 159 t des Treibhausgases CO2) binden. Die Unterschiede in den Zahlen lassen sich mit dem weltweiten Durchschnitt der Altersklassen und Baumbestände und ihrem Ersatz erklären. Die alten Bestände, die in der Studie tatsächlich ersetzt wurden, waren wertvollere als die im ganzen Durchschnitt verfügbaren (also 98 t zu 77,8 t).

Weltweit haben Besnard et al. analysiert welche Auswirkungen ein Ersatz der alten Baumbestände durch junge Baumbestände hatte. Durchschnittlich gingen dabei im Zeitraum 2010 bis 2020 etwa 140 Millionen t C pro Jahr (0,14 GtC/a) an oberirdischem Kohlenstoff verloren.

Die Waldumwandlung bewirkt zunächst einen Kohlenstoffverlust. Kurzfristig können junge, gepflanzte Bäume einen Teil der Kohlenstoffbilanz ausgleichen, da junge Bäume schnell wachsen. In manchen Regionen entsteht durch das schnelle Wachstum junger Wälder eine verstärkte Senkenwirkung, da viel CO2 aufgenommen wird.  Langfristig jedoch können junge Wälder die hohe Speicherleistung alter Wälder nicht ersetzen, da eine vollständige Wiederherstellung der Vorräte Jahrhunderte dauert. Alte Wälder verlieren beim Standersatz, also der Änderung von alt zu jung, sofort viel Kohlenstoff. Junge Wälder wachsen zwar schnell und wirken kurzfristig wie starke Senken, doch auf lange Sicht sind alte Wälder durch keine Aufforstung oder Verjüngung ersetzbar.

Waldschutz ist die effektivste und günstigste Maßnahme zur Kohlenstoffspeicherung

Die dritte Forschungsfrage befasste sich mit einer Modellberechnung zur zukünftigen Entwicklung der Wälder. Im sogenannten Business-as-usual-Szenario (BAU) nahmen Besnard et al. an, dass die aktuellen Trends von Störungen, Holznutzung, Aufforstung, Klimawandel bestehen bleiben. Sie gingen von keinem massiven Politikwechsel aus, keiner starken Intensivierung, aber auch keinem konsequenten Schutz. Bei diesem Szenario bleiben die globalen Kohlenstoffspeicher der Wälder bis 2050 weitgehend stabil, die Senkenleistung stagniert jedoch und alte Wälder gehen weiter verloren.

Im sogenannten Schutzszenario nehmen die Autoren an, dass ab 2030 kein weiterer Standersatz durch Rodung oder großflächige Nutzung erfolgt und die Wälder ungestört altern, sodass natürliche Prozesse dominieren. Dadurch steigt die jährliche Nettoaufnahme bis 2050 um etwa 550 Millionen Tonnen Kohlenstoff bis 630 Millionen Tonnen C, wodurch mehr Kohlenstoff gespeichert wird als im BAU-Szenario. Das entspricht circa 2 – 2,3 Milliarden t CO2 im Jahr oder auch den jährlichen gesamten Emissionen von Indien.

Trotz dieser zusätzlichen Bindung können Wälder allein die Klimaziele nicht sichern, ihr konsequenter Schutz bleibt aber ein zentraler Baustein im Klimaschutz.

Fazit: Nur mit konsequentem Schutz alter Wälder und Wiederbewaldung können Wälder zur Klimapolitik beitragen

Die Autoren schlussfolgern, dass der Schutz alter Wälder die effektivste Maßnahme zur Kohlenstoffspeicherung im Waldsektor ist. Junge Wälder können zwar kurzfristig als CO₂-Senke wirken und haben eine prozentual höhere jährliche Wachstumsrate, bieten jedoch keinen gleichwertigen Ersatz für alte Wälder, da diese höhere Gesamtkohlenstoffspeicher haben. Ein globaler Politikmix aus konsequentem Waldschutz, eine sozial-ökologische Bewirtschaftung und eine gezielte Wiederbewaldung ist nötig, um die Rolle der Wälder in der Klimapolitik langfristig zu sichern.

Forschungsmethoden

Besnard und seine Mitforschenden haben zur Beantwortung folgende global verfügbare Datensätze und Modellansätze miteinander kombiniert:

  • Global Age Mapping Integration v2.0 (GAMIv2.0): Hierbei handelt es sich um hochaufgelöste Karten zur Altersstruktur von Wäldern (räumliche Auflösung 100 m). Sie basieren auf Waldinventuren, Fernerkundung, Biomasse- und Höhenmessungen sowie Klimaindikatoren.
  • Globale Biomassedaten der European Space Agency-Climate Change Initiative (ESA-CCI): Das sind Satellitenkarten der oberirdischen Biomasse für die Jahre 2010 und 2020.
  • Der dritte Datensatz zur Abschätzung des Netto-Kohlenstoffaustausches zwischen Wald und Atmosphäre wurde aus neun Modellansätzen des Global Carbon Project berechnet. Dazu haben die Autoren den Datensatz Atmosphärische CO₂-Inversionen (RECCAP-2) verwendet.

Autor: Dr. Torsten Welle

Literatur


Besnard, S., Heinrich, V.H.A., Carvalhais, N. et al. Global covariation of forest age transitions with the net carbon balance. Nat Ecol Evol 9, 1848–1860 (2025). https://doi.org/10.1038/s41559-025-02821-5

Die Studie kann frei heruntergeladen werden: https://www.nature.com/articles/s41559-025-02821-5