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Auf dem Holzweg
Die Kohlenstoffdioxid-Konzentration in der Atmosphäre erreicht Rekordwerte und trägt maßgeblich zur Erderwärmung bei. Weltweit wird daher nach klimaschonenden Energiequellen gesucht. Das Verbrennen von Holz wird dabei häufig als klimaneutral dargestellt. Viele Studien zeigen aber, dass dies nicht so ist.
Im Allgemein wird das Verbrennen von Holz und anderer Biomasse als CO2-neutral betrachtet. Dem widersprechen Forscher der Europäischen Akademie der Wissenschaften in Salzburg, unter ihnen auch der Umwelt-Programmdirektor Michael Norton. In einer Untersuchung von 2019 (Quelle 1) zeigen die WissenschaftlerInnen, dass bis zum Verfeuern von Holz mehr CO2 in die Atmosphäre entwichen ist, als während der Wachstumsphase im Stamm eingelagert wurde. Schließlich verbraucht das Schlagen, Rücken, Transportieren und industrielle Trocknen Energie. Werden die Bäume geschreddert und zu Pellets verpresst, entstehen ebenfalls Emissionen. Fachleute nennen das den CO2-Rucksack. Die dabei entstehenden Kohlendioxid-Emissionen sind um rund 20 bis 25 % höher als bei der reinen Verbrennung.
Holzbrand
Das Biomassekraftwerk Drax in Großbritannien verbrennt rund ein Drittel der globalen Pelletproduktion – etwa 7 Millionen Tonnen. Rund 60 % der US- und 54 % der kanadischen Pellet-Exporte landen in diesem Kraftwerk. (Quelle 2)
„Hinzuzurechnen sind zudem jene Emissionen, die gegebenenfalls aus dem Boden entweichen, wenn ganze Flächen abgeerntet werden. Schließlich steckt zusätzlich rund die Hälfte des CO2, das überirdisch in den Bäumen gespeichert ist, noch einmal im Boden“, sagt Biologe Michael Blaschke vom Landesbetrieb Wald und Holz NRW im Interview mit dem WDR (Quelle 3). Bei einem Kahlschlag verliere der Wald sein feucht-kühles Klima. Dadurch entweiche durch die sog. Mineralisierung das CO2 aus dem Boden. Werden hingegen nur vereinzelt Bäume entnommen, kann der Wald den Verlust leicht ausgleichen. Das Verbrennen von Holz ist also nicht per se klimaneutral, sagt Blaschke.
Holz hat einen geringeren Brennwert als Kohle
Vor allem die industrielle Nutzung von Biomasse zur Strom- und Wärmegewinnung ist emissionsbelastet. Holz-Pellets, deren Produktion aus forstlicher Biomasse in den letzten Jahren auf geschätzt weltweit 24 Millionen Tonnen gestiegen ist, sind sogar schlechter fürs Klima als Kohle, erläutern die Forscher der Europäischen Akademie der Wissenschaften. Der Grund dafür seien die Photosynthese-Prozesse, die sehr langsam vonstattengehen. Es dauere mehrere Jahrzehnte bis Jahrhunderte, bis die geschlagenen Bäume durch neu gewachsene derselben Dimension ersetzt werden. Zudem böten Holzpellets nur halb so viel Heizwert wie Kohle, erklären die Experten der Internationalen Energie Agentur IEA. (Quelle 4)
Dennoch stuft die EU in ihrer Erneuerbaren Energien Richtlinie bisher die Verbrennung von Biomasse als „erneuerbare Energie“ ein. Die europäischen Energieerzeuger müssen ihre Emissionen aus erneuerbaren Quellen daher nach den Regeln des EU-Emissionshandels nicht melden.
Holzverbrauch hat sich verdoppelt
Der Holzverbrauch in Deutschland hat sich, laut Angaben von Udo Mantau vom Zentrum für Holzwirtschaft an der Universität Hamburg, seit Beginn der 1990er Jahre verdoppelt. Mittlerweile wird die Hälfte des Holzaufkommens in Deutschland verbrannt. (Quelle 5)
Dabei sind Fachleute nicht generell gegen das Verbrennen von Holz und anderer Biomasse. Sie plädieren allerdings für die sogenannte Kaskadennutzung. (Quelle 6) Dabei wird das geerntete Holz zunächst für Möbel oder den Hausbau eingesetzt. Später, in einem zweiten Schritt, könne man es zu Paletten und oder zu Faserplatten verarbeiten. Erst am Ende der möglichst vielstufigen Kaskade sollte das Holz in die Verbrennung gelangen. So bleibt der Kohlenstoff lange im Holz gespeichert und entweicht nicht wie beim Verbrennen direkt in die Atmosphäre. Zurzeit werden jedoch nur 19 % des Altholzes, überwiegend in Spannholzplatten, wiederverwendet. Die Hürde in der Weiterverarbeitung scheint laut dem Umweltbundesamt die mangelnde Wirtschaftlichkeit in der Trennung von verschiedenen Holzqualitäten zur Wiederverarbeitung zu sein.
Alte Bäume sind im Vorteil
Den größten Vorteil für die CO2-Senkung und -Bindung bieten alte Bäume. (Quelle 7) Die Forschung hat gezeigt, dass in einem alten Wald durchschnittlich mehr Holz existiert. Die Rede ist von der zwei- bis dreifachen Menge. Während im Mittel auf einem Hektar Wald in Deutschland rund 340 Kubikmeter Holzmasse stehen, so können es beispielsweise in Naturwaldreservaten rund 700-1000 Kubikmeter sein. (Quelle 7.1 und 7.2)
Je länger Holz im Wald verbleibt, desto größer ist die CO2-Speicher-Fähigkeit. Diese These vertritt Franz Leibl, Leiter der Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald: „Totholz hält CO2 deutlich länger zurück.“ Untersuchungen in Thüringen zeigten, dass Nutzholz eine mittlere Verweildauer von 21 Jahren habe, bevor es verbrannt wird. Die mittlere Verweildauer von Totholz im Wald hingegen liege bei 40 bis 50 Jahren. (Quelle 8)
Mit dem Kamin in die Luft gepustet
Da die Verbrennung von Holz, gerade bei Scheitholz in privaten, kleinen Öfen oder Kaminen, in der Regel nie vollständig abläuft, entstehen bei der Verbrennung neben CO2 auch klimaschädliches Methan, Lachgas und große Mengen gesundheitsschädlichem Ruß. Methan trägt dabei 21 mal stärker zur Erderwärmung bei, als die gleiche Menge Kohlendioxid. (Quelle 9)
Holz ist ein guter Baustoff, aber in der Regel kein guter Brennstoff. Was liegt also näher, als viele Bäume möglichst alt werden zu lassen?
Unser Videotipp im ZDF vom 31.3.2020.
Lesen Sie dazu auch unser Positionspapier, das wir zusammen mit vielen WissenschaftlerInnen verfasst haben.
Anteil der Bioenergie bei den erneuerbaren Energien in der EU 2016
Literatur
Quellen und weiterführende Literatur:
1: Serious mismatches continue between science and policy in forest bioenergy, (Studie der Europäischen Akademie der Wissenschaften) Michael Norton et al, Global Change Biology, 22 August 2019, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/gcbb.12643
2: https://www.usitc.gov/publications/332/wood_pellets_id-039_final.pdf und: International Energy Outlook 2016, International Energy Agency
4: 9,6 – 12,2 Gigajoule je Kubikmeter Holz gegen 18,4 bis 23,8 GJ/m3 Kohle (Aus International Energy Agency, Bioenergy 2017)
5: Holzrohstoffbilanz Deutschland, Udo Mantau, https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn051281.pdf
6: Biomassekaskaden Mehr Ressourceneffizienz durch Kaskadennutzung von Biomasse – von der Theorie zur Praxis, Umweltbundesamt, Dessau, 2017, https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/biomassekaskaden-mehr-ressourceneffizienz-durch
7: https://naturwald-akademie.org/forschung/studien/baeume-binden-im-alter-grosse-mengen-kohlenstoff/
7.1: Daten der 3. Bundeswaldinventur auf https://www.bmel.de/DE/Wald-Fischerei/Waelder/_texte/BWI3-RohstoffHolz.
7.2: Projekt Speicherwald, Nabu e.V. https://www.speicherwald.de/imperia/md/content/nabude/wald/speicherwald/180413-nabu-speicherwald-naturwald-kurzinfo.pdf
8: Zur Klimarelevanz von Wirtschafts- und Naturschutzwäldern, B. Beudert u. F. Leibl: AFZ, 2020
9: https://www.umweltbundesamt.de/themen/heizen-holz-ganz-ohne-emissionen-geht-es-nicht, Februar 2020
Empfehlung: Wenn Wälder wieder wachsen – eine Waldvision für Klima, Menschen und Natur, Greenpeace e.V. und Ökoinstitut e.V., Hamburg 2018
Leider dreckig, Spiegel online, https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/feinstaub-so-dreckig-sind-kaminoefen-a-1256385.html, 5.3.2019
Steuer und Finanzexperten weisen darauf hin, dass die Verbrennung von Frischholz nicht sinnvoll ist und viel Aspekte einer (wirtschaftlichen) Nachhaltigkeit nicht erfüllt: https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/business_economy_euro/banking_and_finance/documents/200309-sustainable-finance-teg-final-report-taxonomy_en.pdf
UMWELTGUTACHTEN 2020 – Für eine entschlosseneUmweltpolitik in Deutschland und Europa:Sachverständigenrat für Umweltfragen, Berlin, Januar 2020, S. 68 ff
Aktuelle Nutzung und Förderung der Holzenergie – Teilbericht zu den Projekten BioSINK und BioWISE, Umweltbundesamt, März 2022