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Bäume brauchen intakte Wasserspeicher

Das pflanzenverfügbare Wasser formt Ökosysteme, Klimata und natürliche Ressourcen. In der Hydrologie und Ökologie wird das Bodenwasser oft als Eimer oder vertikaler Stapel verschiedener Niederschlagsereignisse dargestellt, die in zeitlicher Abfolge übereinandergestapelt sind und von den Pflanzen je nach Wurzeltiefe genutzt werden. Diese Darstellung ist stark vereinfacht und die Realität deutlich komplexer. Der Wassertransport erfolgt vor allem durch die Makroporen, wohingegen das Wasser in den Feinporen gespeichert wird.

Verfügbarkeit von Wasser hängt ab von vielen Faktoren

Die Verfügbarkeit von Wasser für Pflanzen ist also ein Zusammenspiel von Wasserbewegung durch die Makroporen, Wasserspeicher in der Bodenmatrix und der Wurzelarchitektur der Vegetation. In verschiedenen Studien wurde bereits untersucht, dass Pflanzengesellschaften in mediterranen und ariden Klimaten das Wasser aus vorhergehenden Jahreszeiten nutzen, da in der Vegetationsperiode nur sehr wenig Regen fällt. Allen et al. untersuchten diese Wassernutzung nun in Bereichen mit humidem Klima. Um den jahreszeitlichen Ursprung des Wassers zu ermitteln, wurden im Jahr 2015 Isotope des Xylemwassers von 918 Bäumen auf 182 Standorten in der Schweiz untersucht. Auf 31 dieser Flächen wurde auch der mobilere Wasserfluss mit Lysimetern im Boden gemessen.

Auf jedem untersuchten Standort kam mindestens eine der drei Baumarten vor, auf denen der Fokus dieser Studie liegt (71 Standorte mit Fichte, 97 Standorte mit Buche und 49 Standorte mit Eiche). Alle Standorte wurden bewirtschaftet und hatten ein geschlossenes Kronendach. Die Forschenden benutzten einen Index (seasonal origin index SOI), um auszudrücken, welches Wasser aus welchen Jahreszeiten mehr genutzt wird.

Im Sommer nutzen Bäume das Winterwasser

Die Forschenden stellten fest, dass im Hochsommer vor allem auf das Wasser des Winterniederschlags zugegriffen wurde. Bei nur 1 % der Buchen und Eichen und 5 % der Fichten wurde Nutzung des (kürzlichen) Sommerniederschlags gemessen. Bei den Isotopensignaturen des Winterwassers hingegen zeichnete sich ein anderes Bild. 78 % der Buchen und Eichen und 17 % der Fichten nutzen im Hochsommer hauptsächlich diese Wasserquelle.

Die Arbeitsgruppe kommt zu dem Schluss, dass die Nutzung von Winterniederschlag nicht einfach durch Schneeschmelze oder mangelnden Sommerniederschlag erklärt werden kann, denn die Eichen und Buchen kamen in niedrigeren schneeärmeren Lagen vor als die Fichten. Außerdem nutzen Bäume in kühleren schneereichen Lagen weniger Winterniederschlag. Ausschließlich auf besonders nassen Standorten mit hoher Bodenfeuchte nutzten die Bäume hauptsächlich den Sommerniederschlag. Damit konnten sie zeigen, dass nicht nur in Wüstenhabitaten primär der Winterniederschlag genutzt wird, sondern auch in gemäßigten Zonen. Dies wirft die Frage auf, wie stark Bäume überhaupt auf den Sommerniederschlag angewiesen sind. Denn auch ein Blick auf das Wurzelwerk der in der Studie untersuchten Bäume kann keine Erklärung liefern. Zwar sind Fichten für ihre flachen Wurzelteller bekannt und gerade Eichen für ihr tiefgründiges Wurzelwerk, allerdings lag die maximale und durchschnittliche Wurzeltiefe bei allen Baumarten im Untersuchungsgebiet in ähnlichen Bereichen (Durchschnitt 15-35 cm Tiefe, Maximum 50-120 cm Tiefe). Trotzdem nutzte die Buche signifikant mehr Winterniederschlag als die Fichte, sogar wenn sie auf der gleichen Untersuchungsfläche standen, während Buche und Eiche auch im gleichen Bestand ein ähnliches Nutzungsverhalten von Wasser zeigten.

Fichten nutzen mobiles Wasser

Die Fichten schienen mehr mobileres Wasser zu nutzen, denn das genutzte Wasser der Bäume hatte die gleiche Isotopensignatur, wie die des Wassers in den Lysimetern. Daraus folgerten die Forschenden, dass die Fichte grundsätzlich auf andere Wasserquellen zugreift, als die beiden Laubbäume. Diese Nischenaufteilung im Wurzelraum ergeben sich aus der Nutzung des Wassers aus Poren mit unterschiedlicher Wasserleitfähigkeit. Die Forschenden geben zu bedenken, dass Bäume, die hauptsächlich Winterniederschläge nutzen resistenter für Sommertrockenheiten sind, aber mehr angewiesen sind auf intakte Wasserspeicher und eine gute Kapazität im Boden, um Wasser zu speichern. Mit steigenden Temperaturen und einer damit einhergehenden Verlängerung der Vegetationsperiode, schrumpfen womöglich die Speicher für Winterwasser und können dann auch diese Bäume nicht mehr ausreichend versorgen.

In einem weiteren Artikel von Floriancic et al. (2023) wird der Index, den Allen et al. entwickelten, für einen Vergleich von Fichten und Buchen herangezogen.  In den Jahren von April 2020 bis März 2022 wurde ein Kreislauf im Verhältnis der Isotopen entdeckt. Trotzdem nutzen die Bäume zu überwiegendem Anteil Wasser mit einer Wintersignatur. Als weiter Ergänzung zu den vorhergehenden Forschungsergebnissen konnte dieses Team feststellen, dass in Frühjahr und Herbst der kürzlich gefallene Niederschlag von den Bäumen genutzt wird.

Kommentar

Die beiden Forschungsarbeiten zeigen deutlich die Bedeutung des Bodens und des darin befindlichen Wassers für das Ökosystem Wald. Deshalb gilt es, den Boden so oft wie möglich unangetastet zu lassen, sodass die Grob- und Feinporenstruktur nicht verdichtet und damit zerstört wird. Denn dieses Porennetz bildet den Wasserspeicher für die Pflanzen, der durch die veränderte Verteilung der Niederschläge aufgrund des voranschreitenden Klimawandels, möglicherweise nicht ausreichend aufgefüllt werden kann. Die Ergebnisse von Floriancic et al. (2023) legen nahe, dass die immer trockeneren und wärmeren Frühjahre die Bäume bereits stressen, noch bevor die trockenere Sommerzeit beginnt.

Geschlossene Kronendächer verhindern Verdunstung

Deshalb ist es von enormer Bedeutung, dass das Kronendach im Wald geschlossen gehalten wird, um die Verdunstung vom Boden zu verringern und das Wasser im Bodenspeicher zu halten. Auch wenn scheinbar die Krautschicht eher auf die Sommerniederschläge angewiesen ist, bleiben sie von Bedeutung für den Gesamtwasserhaushalt. Gerade im Hinblick auf die Fichte, die häufiger auch die neuerlich gefallenen Niederschläge nutzt. In den kommenden Jahren wird diese Baumart mit längeren Trockenphasen mutmaßlich immer größere Vitalitätseinbußen haben. Die natürlichen Prozesse zu bewahren und die Ökosysteme zu schonen sollte für die Zukunft unsere oberste Prämisse sein, denn nur so können wir uns unsere Lebensgrundlage erhalten.

Isotopenanalyse

Von jedem Element (z.B. Sauerstoff) gibt es unterschiedliche Isotopen. Diese werden durch die Anzahl an Neutronen in ihren Atomkernen bestimmt. Durch die unterschiedliche Anzahl an Neutronen haben die Isotope auch unterschiedliche Gewichte. Damit können sie unterschieden werden und so die Herkunft, das Alter oder den Prozess in dem das Isotop entstanden ist bestimmt werden.

Mit einem Massenspektrometer werden die Isotope nach ihrem Gewicht und ihrer Anzahl sortiert. So lassen sich Muster in der Isotopenzusammensetzung erkennen.

Literatur


Allen et al. (2019):
Seasonal origins

Floriancic et al. (2024b):
Isotopic evidence for seasonal water sources in tree xylem and forest soils.