Forscher untersuchen Waldbrände der Vergangenheit
In den letzten Jahren machen immer häufiger Waldbrände auch in Mitteleuropa Schlagzeilen. Dementsprechend mehr wird zu diesem Thema geforscht. Eine der wichtigsten Erkenntnisse dieser Forschung ist: 90 Prozent der Brandursachen sind menschengemacht.
Doch wie sah es in der Vergangenheit aus? Die Forschung musste sich für Erkenntnisse über diese meist auf die Untersuchung von Sedimentschichten beschränken. Wenn Spuren von Asche im Sediment gefunden werden, lässt sich zwar sagen, dass es ein Feuerereignis gab, jedoch kann man kaum eine Aussage über Ursache und Auswirkungen des Brandes treffen.
Bohrkerne, Jahresringe und Totholz-Proben
Niklasson et al. haben im Jahr 2007 im Białowieża Primärwald Baumringe untersucht. So konnten sie auf 350 Jahre Waldentwicklung zurückschauen. Dies war unter anderem möglich, weil in Białowieża relativ unberührter Naturwald steht. Er wurde bereits im 14. Jahrhundert als Jagdgebiet unter Schutz gestellt und somit die Nutzung des Waldes deutlich eingeschränkt. Heute befindet sich der Białowieża Primärwald in der Grenzregion von Polen und Belarus und ist als UNESCO Weltnaturerbe anerkannt. Teile des Gebiets wurden zusätzlich zum Nationalpark erklärt. Die Untersuchung der Wissenschaftler*innen wurden in der gemanagten Zone des Waldes vorgenommen. Der Wald ist ein gemischter Koniferenwald in dem aktuell Waldkiefer (Pinus silvestris) und Gemeine Fichte (Picea abis) die dominierenden Baumarten sind.
Für die Untersuchung wurden auf einem 13 Hektar großen Teil 29 quadratische Parzellen definiert, auf denen Proben von toten und lebenden Kiefern und jeweils einer Fichte genommen wurden. Dabei wurde bevorzugt Totholz mit Brandmalen ausgewählt. Vom Totholz wurden Baumscheiben abgeschnitten, von den lebenden Bäumen Bohrkerne entnommen. Außerdem untersuchten die Wissenschaftler*innen 724 Probenkerne von Kiefern, die bereits 1994 auf der gleichen Fläche entnommen worden waren. Die Analyse der Baumringe fokussierte sich sowohl auf Brandmale als auch Perioden geringen Wachstums, die häufig nach Waldbränden auftreten. Wenn auf einer Parzelle geringes Wachstum mit mindestens einem Brandmal übereinstimmte, wurde dies als Brandereignis in einem Jahr gewertet
Warum und wie oft brannten die Wälder in der Vergangenheit?
Mit der Analyse konnte 350 Jahre in die Vergangenheit geschaut werden. Insgesamt wurden 27 Waldbrände zwischen den Jahren 1653 und 1920 identifiziert. Diese ließen sich in Intensität und Häufigkeit in drei Phasen einteilen. Zwischen 1653 und 1706 fanden durchschnittlich alle 9 Jahre Waldbrände statt, zwischen 1706 und 1781 waren es Intervalle von 5 Jahren, während der Abstand von Waldbränden in der letzten Phase (1781 bis 1920) durchschnittlich alle 28 Jahre deutlich größer wurde. Außerdem konnte festgestellt werden, dass es sechs größere Feuer gab, bei denen mehr als fünf untersuchte Bäume erfasst wurden. 63 Prozent der Waldbrände fanden im Winter (dormant period of cambium activity) statt, 37 Prozent in der Wachstumsphase statt. Die Forscher*innen gehen davon aus, dass die Brände von eher geringer Intensität waren, da sie keine Beweise für verstärktes Baumsterben im Anschluss finden konnten. Die Forscher*innen schauten ebenfalls nach dokumentierten Waldbränden in historischen Dokumenten. Hier konnten sie im untersuchten Zeitraum keine zeitliche und örtliche Übereinstimmung finden.
In der ersten und zweiten Phase, als Waldbrände recht häufig auftraten, war die Waldkiefer die dominierende Baumart. Mit der längeren Abwesenheit von Feuerereignissen in der dritten Phase konnte sich die konkurrenzstärkere Fichte vermehrt durchsetzen. Die Forscher*innen erwarten, dass sich die Entwicklung, bei weiter andauernder Abwesenheit von Waldbrandereignissen auf den untersuchten Flächen, hin zu einem Fichten-dominierten Wald fortsetzen wird.
Aktive Maßnahmen zur Feuerprävention ab dem 18. Jahrhundert
Hinsichtlich der Brandursachen fanden die Forscher*innen Hinweise darauf, dass menschliche Aktivitäten in den meisten Fällen zu unabsichtlichen Waldbränden führten. Für die Koniferenwälder des Białowieża Primärwaldes lassen sich mehrere Nutzungsarten nennen, die entweder direkt die Anwendung von Feuer benötigen (Imkerei, Holzkohleherstellung, Teer- und Pottasche-Herstellung) oder indirekt menschlichen Feuergebrauch mit sich brachten (Weiden von Vieh und Holzeinschlag). Im Jahr 1795 änderte sich die politische Lage und damit der Schutzstatus der Region. In Folge ging die traditionelle Nutzung des Waldes zurück und somit auch die Waldbrände. Ab dem späten 18. Jahrhundert sind außerdem erste aktive Maßnahmen zur Feuerprävention und Unterdrückung dokumentiert. Diese waren begründet in einem erhöhten Interesse an der Holzproduktion, nicht nur in Białowieża sondern auch anderen Regionen Europas.
Mögliche Auswirkungen klimatischer Änderungen konnten aufgrund der kleinen Untersuchungsfläche nicht analysiert werden. Die Forscher*innen gehen davon aus, dass es vor den von Menschen gemachten Feuern bereits ein natürliches Feuerregime gab.
Kommentar:
Die Untersuchungen aus Polen zeigen, dass Waldbrände ich der Vergangenheit durchaus häufig auftraten. Heute wie damals sind in erster Linie menschliche Nutzung Auslöser der Brände. Ebenso wie menschliche Maßnahmen, wie Schutzstatus oder Feuerprävention zu einer effektiven Verringerung und Eindämmung von Bränden führen. (In Zukunft mehr Maßnahmen zur Reduktion menschlicher Aktivitäten im Wald bei Brandgefahr).
Zudem zeigte die Untersuchung, welche Auswirkungen das jeweilige Feuerregime auf den Wald hatte. Wo der managende Einfluss von häufigem Feuer fehlte, haben Menschen mit Pflegemaßnahmen geholfen, um Kiefern einen Standortvorteil zu verschaffen.
Eine Schwäche der Studie ist, dass sie andere Faktoren, insbesondere den Einfluss des lokalen Klimas, nicht untersuchen konnte.
Gleichzeitig sind die Ergebnisse für Mitteleuropa aufgrund ihrer Rarität extrem wertvoll und wurden seither in vielen Studien zu Waldbränden verwendet.
AutorIn: Signe Heins