Foto Credit

Home > Forschung > externe Studien > Deutschlands Wälder im Klimawandel: Kohlenstoffsenke oder -quelle?

Deutschlands Wälder im Klimawandel: Kohlenstoffsenke oder -quelle?

In der Zusammenarbeit von WissenschaftlerInnen des Öko-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ und dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung ist ein Working Paper entstanden, dass sich mit der Fragen auseinandersetzt, wie genau die bisherigen Waldnutzungsszenarien in Deutschland im Rahmen des Klimaschutzes sind.

Hintergrund

Das neue Klimaschutzgesetz (KSG,2021) der Bundesregierung sieht vor, dass Deutschland bis zum Jahr 2045 Treibhausgasneutralität erreicht. Treibhausgase, wie z.B. Abgase aus Verbrennungsprozessen, werden durch die dauerhafte Aufnahme von CO₂ in Wälder, Moore und Böden ausgeglichen. Diese Art der natürlichen CO2-Speicherung wird in der internationalen Klimapolitik im Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Wald (engl. Land Use, Land Use Change and Forestry, LULUCF) zusammengefasst.

Zur Einschätzung, wie hoch der Anteil von Wäldern in der dauerhaften Bindung von CO₂ sein kann, hat daher die Bundesregierung verschiedene Gutachten in Auftrag gegeben. Im Mittelpunkt steht dabei der Projektionsbericht (PB) 2019 der Bundesregierung. Das dem PB zugrunde liegende Waldbehandlungs- und Holzverwendungsszenarien (WEHAM-Szenario) für die Projektion der Waldsenke trifft Annahmen, die dazu führen, dass die Holzernte im Vergleich zur tatsächlichen Entwicklung der Jahre 2013-2020 überschätzt wird. Ein Grund dafür ist, dass das WEHAM-Basisszenario, erstellt vom Thünen-Institut, Zentrum Holzwirtschaft der Universität Hamburg und der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde, auf Daten von 2002-2012 beruht und zudem eine intensive Waldbewirtschaftung annimmt. Dadurch wird die Senkenleistung der lebenden Biomasse der Waldfläche um etwa -30 Mio. t CO₂ pro Jahr unterschätzt.

Schlussfolgerung

Die AutorInnen der Studie kommen daher zu dem Schluss, dass das WEHAM-Basisszenario nur bedingt als Grundlage für politische Bewertungen im LULUCF-Sektor, was den Wald betrifft, geeignet ist. Der Wald hat als CO2-Senke einen massiven Einfluss auf die Gesamtbilanz des Sektors. Die Senkenleistung ist dabei Schwankungen unterworfen, die durch natürliche Prozesse geprägt sind, die aber zu einem Großteil auch durch die Bewirtschaftung der Wälder beeinflusst werden. Ohne eine solide Zahlenbasis lassen sich weder aktuelle Entwicklungen einschätzen noch Maßnahmen planen. Vereinfachte Ansätze, wie z.B. SIFOP, können helfen, diese Lücke zu schließen, bis weiterentwickelte Waldnutzungsszenarien vorliegen, die auf aktuellen (Inventur-)Daten beruhen.

Literatur


Hennenberg, K.; Böttcher, H.; Reise, J.; Bohn, F.; Gutsch, M. ; Reyer, C., Interpretation des Klimaschutzgesetzes für die Waldbewirtschaftung verlangt adäquate Datenbasis – Reaktion auf die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats für Waldpolitik beim BMEL (22.06.2021), 8/2021,Öko-Institut, Download hier

Weitere Literatur:

Eine Studie von 2023 an 5800 Buchen (Fagus sylvatica L.) an 324 Standorten, die das gesamte geografische und klimatische Spektrum der Art abdecken, zeigt: Wachstumsrückgänge in weiten Teilen des Verbreitungsgebiets in den letzten Jahrzehnten und sagen für die Zukunft starke Wachstumsrückgänge zwischen -20 % und mehr als -50 % bis 2090, je nach Region und Klimawandelszenario (d.h. CMIP6 SSP1-2.6 und SSP5-8.5) vorher. Die Studie auf Englisch finden Sie hier.

Martinez del Castillo, E., Zang, C.S., Buras, A. et al. Climate-change-driven growth decline of European beech forests. Commun Biol 5, 163 (2022). https://doi.org/10.1038/s42003-022-03107-3

.