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Dick und ruhig durch den Winter
Mit Fettpolstern und dickem Fell kommen Siebenschläfer, Dachse, Eichhörnchen, Fledermäuse, Rothirsche und die anderen Säugetiere im Wald durch den Winter. Die einen schlafen in der eisigen Zeit, manche ruhen im Bau und kommen nur an schönen Tagen raus. Rehe und Hirsche schrumpfen den Magen und senken die Körpertemperatur ab, weshalb Menschen sie nicht stören sollten
Schnurgerade und in gleichmäßigen Abständen ist der Baummarder durch den Schnee im Wald gesprungen. Die Vorderbeine hat er hoch ausgeholt, den Körper im großen Bogen über den Schnee gehebelt, wenn die Hinterbeine schon wieder kräftig Schwung gegeben haben. Keine Spur von seinem Körper drückt sich zwischen den Löchern im Schnee ab, in denen tief unten die fellbedeckte Marderpfote zu sehen ist.
Baummarder sind im Winter fast genauso aktiv wie zu allen anderen Jahreszeiten. Sie achten allerdings noch mehr als zu anderen Zeiten darauf, dass ihr Lager in einem Eichhörnchenkobel, Bodenloch oder auf einem Dachboden gut versteckt ist. Dort harren sie in einem Schneesturm auch mal bis zu 30 Stunden aus, den Körper zu einer Kugel gerollt, den Kopf auf den Hinterbeinen, mit dem Schwanz zugedeckt.
Der Baummarder (Martes martes) ist ein gefürchteter Allesfresser. Er ist auch im Winteraktiv und nutzt dann seine Kenntnisse seines Waldrevieres für seine Beutezüge. Denn alle Tiere die ehemalige Schwarzspechthöhlen im Winter beziehen fürchten den agilen Räuber.Mit seinem guten Ortsgedächtnis kontrolliert er systematisch viele Baumhöhlen und sucht dort nach Beute.
Auch die anderen Marderartigen wie Iltis, Steinmarder, Mauswiesel und Hermelin bleiben wach im Winter. Das Hermelin färbt sein Fell von braun zu weiß und lebt und jagt wie sein kleiner Verwandter das Mauswiesel unter der Schneedecke. Dort treffen sie in verzweigten Gängen auf dem Erdborden auf ihre Beute – Wühlmäuse, die auch nicht schlafen können. Der Schnee wärmt die Tiere wie in einem Iglu. Wenn es auf der Oberfläche eisig kalt ist, liegt die Temperatur unter dem Schnee über dem Gefrierpunkt oder immer noch bei Null Grad.
Ein Atemzug alle paar Minuten
Die Tiere des Waldes haben sehr unterschiedliche Mechanismen entwickelt, um durch den Winter zu kommen. Bechsteinfledermäuse sammeln sich in Höhlen, hängen sich dicht nebeneinander, fahren den Stoffwechsel herunter und halten sich gegenseitig warm. Der Siebenschläfer frisst sich ein fettes Polster an und erhöht sein Gewicht um ein Drittel der im Sommer vorhandenen Körpergewichts. Dann Ende September, Anfang Oktober buddelt sich der Siebenschläfer bis zu einem Meter tief in den Boden, kugelt sich in sein Erdloch, erstarrt und steht vor Mai nicht wieder auf.
Haselmaus, Igel und ein paar andere Tiere in den Wäldern Mitteleuropas fallen ebenfalls in einen Winterschlaf. Ihr Herz schlägt dann nur noch alle paar Minuten, ein Atemzug dauert ebenfalls Minutenlang, die inneren Organe wie Leber, Milz, Magen, Darm arbeiten so gut wie nicht mehr.
Der Siebenschläfer (Glis glis) erhielt angeblich seinen Namen wegen seines sieben Monate dauernden Winterschlafs, jedoch dauert diese Ruhephase oft von Anfang September bis Anfang Mai des nächsten Jahres und damit deutlich länger als sieben Monate. Der nachtaktive Bilch lebt hauptsächlich auf Eichen und Buchen.
Wenn im Spätsommer die Tage kürzer werden, fressen sich die Tiere Fettreserven an und wechseln vom leichten Sommerfell zu einem wärmenden Winterfell. WissenschaftlerInnen vermuten, dass Hormone im Körper die Vorbereitung auf den Winter auslösen. Das schwindende Tageslicht führt vermutlich dazu, dass die Hormone produziert und freigesetzt werden.
Ruhen und so wenig Energie wie möglich verbrauchen
So bereitet sich auch der Dachs auf seine Winterruhe vor. Dachse setzen im Herbst Fett an, mit dem sie im Winter die nötige Energie zum Heizen ihres Körpers produzieren. In sehr kalten Wintern dösen und schlafen Dachse mit ihren Familienangehörigen in ihrem Bau, den sie manchmal tagelang nicht verlassen. In milden Wintern und in schönen Nächten wuseln sie draußen herum, weshalb BiologInnen sie zu den Winterruhern zählen.
Eine Winterruhe halten auch Waschbären, Marderhunde und Eichhörnchen, die im Herbst Nüsse, Bucheckern und Eicheln für die kalte Zeit versteckt haben. Füchse zählen nicht zu den Winterruhern, doch achten auch sie wie alle anderen darauf, so wenig Energie wie möglich zu verbrauchen. In ihrem dicken Fell schlafen und ruhen sie sogar mitten im Wald auf dem Schnee, zusammengerollt, den Kopf unterm buschigen Schwanz versteckt.
Rothirsche (Cervus elaphus) haben im Winter verschiedene Strategien: Sie bekommen im Herbst ein Winterfell, dass sie etwas besser gegen die Kälte schützt. Sie machen im Vergleich zu den warmen Jahreszeiten mehr Pausen im Unterholz und fressen weniger, damit der Verdauungstrakt nicht so stark belastet wird. Zudem senken Rothirsche ihre Körpertemperatur um Energie zu sparen.
Natürlich bereiten sich alle Tiere auf den Winter vor. Gänse ziehen in den Süden, Störche fliegen schon im August gen Afrika. Wer im kalten Deutschland bleibt, muss vor allem zusehen, ausreichend Futter für die notwendige Energie zu bekommen. Kohl- und Blaumeise, Kleiber, Rotkehlchen, Amseln und andere hier überwinternde Vogelarten plustern ihr Gefieder in Ruhestellung auf, fahren den Stoffwechsel herunter und verbrauchen so in kalten Zeiten weniger Energie. Doch wenn es sehr eisig wird, reicht eine Nacht und die kleinen Vögel fallen tot vom Ast.
Rehe und Hirsche fressen weniger und verdauen länger
Rehe, Rothirsche und die anderen Wiederkäuer im Wald ziehen jeden Tag umher, haben aber in der Evolution Mechanismen wie die Winterschläfer entwickelt. Sie verkleinern ihren Pansen, also den Magen- Darmtrakt. Leber, Nieren und sogar das Herz schrumpfen. Die Tiere fressen weniger als im Sommer, verdauen länger und verringern ihren Energiebedarf bis auf die Hälfte dessen, was sie im Sommer fressen.
Hirsche und Rehe ruhen lange Stunden am Tag und in der Nacht, verringern den Pulsschlag und die Durchblutung in den äußeren Bereichen des Körpers. So senken Rothirsche ihre Körpertemperatur bis um 15 Grad herab, Rehe haben im Winter um 4-5 Grad kältere Hufe als im Sommer. In kalten Nächten drosseln Rehe sogar ihre Kerntemperatur, um Energie zu sparen. Sie sonnen sich am Tage deshalb gern in ihrem dicken braunen Winterfell und wärmen sich von außen.
Die Rothirsche und Rehe verändern also ihren gesamten Organismus und fahren den Stoffwechsel herunter. Das macht sie langsam und anfällig für Krankheiten und Störungen. Sie können ihren Herzschlag nicht schnell und beliebig hochfahren, um vor Menschen, Hunden und anderen Störern zu fliehen. Und wenn Hirsche und Rehe doch alle Energie in die Flucht investieren, können sie an einem Herzinfarkt sterben. Menschen im Winterwald sollten deswegen auf den Wegen bleiben und die Tiere nicht aufscheuchen.