Forschung
FFH-Richtlinien für Wald sind an Forstwirtschaft orientiert
In der Studie werden die Aktivitäten zur Erfassung von Lebensräumen und Arten der Wälder im Naturpark Feldberger Seenlandschaft (Mecklenburg-Vorpommern) dargestellt. Nach einem Überblick über Renaturierungsmaßnahmen für Feuchtgebiete und zum Bestand verschiedener Arten wird ausführlicher auf die Entwicklung der Eremiten-, Mittelspecht- und Schreiadlerbestände eingegangen, die auf alte Laubwälder mit einem vielfältigen Strukturangebot, wie beispielsweise hohen Totholzvorräten, angewiesen sind.
Die aktuelle forstliche Nutzung führt zu einer deutlichen Abnahme der alten Buchenwälder. Damit einher geht ein Rückgang der Bestände dieser anspruchsvolleren Waldarten. Schließlich wird gezeigt, dass die FFH-Bewertungsschemata der Wald-Lebensraumtypen sich nicht an den Anforderungen der typischen Waldarten orientieren, sondern an forstlichen Nutzungsanforderungen ausgerichtet sind.
Kommentar
Das europäische Schutzgebietsnetz NATURA 2000 bildet die Grundlage zur Realisierung des Ziels, den Rückgang der natürlichen Vielfalt in Europa zu stoppen. Daraus ergibt sich die Anforderung, dass innerhalb der Schutzgebiete Bedingungen zu schaffen sind, die den Fortbestand der Lebensräume und Arten dauerhaft absichern und eine Stabilisierung der europäischen Populationen ermöglichen. Sichergestellt werden soll dieses durch die Einhaltung der dazugehörigen FFH-Richtlinien.
Als Grundlage für die in den einzelnen Bundesländern eingeführten Bewertungsvorgaben dienen länderübergreifende Mindestanforderungen für die Erfassung und Bewertung von Lebensräumen der FFH-Richtlinie. (BURKHARDT et al. 2004). Der Autor zeigt hier, dass die Richtlinien nur in Bezug auf Pflanzenarten (Baumarten und Bodenvegetation) geprüft werden. Die in der Regel wesentlich stärker strukturabhängigen Tierarten, die auf spezielle Lebensraumstrukturen angewiesen sind, fallen hierbei völlig durch das Raster.
Die Studie von Wernicke macht deutlich, dass es selbst bei sehr guten Werten des (Mecklenburger) Bewertungsmusters für die FFH-Gebiete im Wald, nicht gewährleistet, dass langfristig der Lebensraum für anspruchsvollere Waldarten sichergestellt ist. Anders formuliert: Die forstliche Nutzung in einem FFH Gebiet kann soweit geführt werden, dass die anspruchsvolleren Waldarten vollständig verschwinden.
Es wird deutlich, dass die Bewertungsschemata der bundesweiten Empfehlung die notwendigen und typischen Strukturen und Funktionen des Waldes nur ungenügend berücksichtigen. Entscheidende Strukturparameter für die Charakteristik der Lebensräume werden in einer Skalierung benutzt, die nicht geeignet ist, die Bedürfnisse der charakteristischen Arten widerzuspiegeln. Der Zusammenhang zwischen bestimmten Lebensraumstrukturen und Arten, der unter dem Begriff des Biotopschutzes bereits vor Jahrzehnten als Naturschutzstrategie eingeführt wurde, wird hier negiert. Damit entspricht dieses Bewertungsschema für Lebensräume in Wäldern nicht den eigentlichen Anforderungen der FFH-Richtlinie.
Literatur
Peter Wernicke (2011): Erfassung von Leitarten und Schutzmaßnahmen in Wäldern des Naturparks Feldberger Seenlandschaft, In: Natur und Biologische Vielfalt, 104, S. 23-38, Bundesamt für Naturschutz