Waldmeister Buchenwald

Foto: Knut Sturm

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Mit nassen Füssen fit für den Klimawandel?

Svenja Ahlgrimm hat die Jury der Naturwald Akademie mit ihrer Forschung überzeugt, wie sich die Wiedervernässung entwässerter Waldmoore auf das Wachstum angrenzender Wälder auswirkt. Dem aus klima- und naturschutzfachlicher Sicht durchaus sinnvollen Wiedervernässen von Waldmooren steht oft die Sorge entgegen, dass umliegende Wälder unter dem dann erhöhten Grundwasserspiegel leiden. Erstaunlicherweise gibt es hierzu bisher nur wenig Kenntnisse. Wir befragen die junge Wissenschaftlerin zu ihrer Forschungsarbeit.

Frau Ahlgrimm, Sie haben sich mit der Wiedervernässung von Mooren beschäftigt. Was hat den das mit Wald zu tun?

Ahlgrimm: Ich bin in der Norddeutschen Tiefebene aufgewachsen, die sehr reich an Mooren ist. So werden in Mecklenburg-Vorpommern 12 % der Waldfläche als sogenannte „Waldmoore“ klassifiziert – das sind Moore, deren Wassereinzugsgebiet primär von Wald geprägt ist. Ein Großteil dieser Moore ist stark entwässert. Häufig erfolgte die Entwässerung mit dem Ziel, die Moorflächen selbst forst- oder landwirtschaftlich nutzbar zu machen oder aber die Produktivität angrenzender Flächen zu steigern.

Die negative Klimawirkung dieser degradierten Moore ist enorm, daher verfolgt das Land Mecklenburg-Vorpommern und die zuständigen Landesforste das Ziel, die Entwässerung zu stoppen und den natürlichen Wasserhaushalt der Moore wiederherzustellen.

Wie auch in anderen Kontexten stößt die Wiedervernässung von Mooren nicht nur auf Gegenliebe. Es besteht die Sorge, dass die angrenzenden Waldbestände darunter leiden. Gleichzeitig ist die weitere Entwässerung aus Klimaschutzsicht nicht vertretbar. Mit meiner Masterarbeit wollte ich eine fachliche Grundlage für diese Diskussion schaffen. Dazu habe ich exemplarisch Waldbestände untersucht, die direkt an langjährig wieder vernässte Moore angrenzen.

Preisträger_2020_Naturwald_Akademie
Foto: Ahlgrimm/Scheffczyk

Svenja Ahlgrimm und Konstantin Scheffczyk sind am 30. November mit dem Naturwald-Preis 2020 ausgezeichnet worden. Der Naturwald-Preis wurde bereits zum dritten Mal vergeben. Mit ihm möchte die Naturwald Akademie den wissenschaftlichen Nachwuchs im Bereich der Naturwaldforschung unterstützen.

Gibt es nicht Vor- als auch Nachteile für die verschiedenen Baumarten, wenn man ihre Umgebung wieder vernässt?

Ja, auf alle Fälle. Ich habe in meiner Arbeit Buchen und Kiefern untersucht – zwei Baumarten, die sehr unterschiedlich auf hohe Wasserstände reagieren. Die Kiefer kann gut auf zeitweilig wassergesättigten Böden wachsen, man findet sie sogar direkt in Mooren. Sie bildet ein Pfahlwurzelsystem aus und ist durch eingesenkte Spaltöffnungen relativ gut vor Trockenheit geschützt. Das Wurzelsystem der Buche reagiert hingegen sehr empfindlich auf Staunässe. Ihre Feinwurzeln sind sensibel gegenüber dem Sauerstoffmangel in den wassergesättigten Bodenbereichen. Steht sie auf diesen temporär wassergesättigten Böden, bildet sie nur ein sehr flaches Wurzelsystem aus. Gleichzeitig ist gerade das Wachstum der Buche in unserer Region stark abhängig von der Wasserverfügbarkeit in den Sommermonaten. Man könnte also meinen, dass mehr Wasser in der direkten Umgebung von Vorteil für sie ist.

In welcher Region fand die Arbeit statt und über welchen Zeitraum würden die entsprechenden Bestände von Ihnen untersucht?

Ich konnte exemplarisch drei Bestände untersuchen, welche direkt an wieder vernässte Moorflächen grenzen: an das „Ribnitzer Große Moor“, den „Schwarzen See“ bei Schlemmin und den „Schwarzen Seebruch“ bei Goldenbaum. Die Standorte sowie die Moore sind sehr unterschiedlich, das hat es umso spannender gemacht. Die Einstellung der Entwässerungsmaßnahmen fand je nach Fläche zwischen 1987 – 1998 statt.

Welches sind die wichtigsten Erkenntnisse ihrer Arbeit?

Die Ergebnisse haben gezeigt, dass die Wiedervernässung keine starken Wachstumseinbrüche in den angrenzenden Beständen verursacht hat. Für die untersuchten Kiefern scheint die Änderung der hydrologischen Verhältnisse irrelevant zu sein. Zwar konnte ich für die Buchen leichte Negativtrends nachweisen, doch gingen diese mit zunehmender Geländehöhe und Distanz zum Moor schnell verloren. Bemerkenswert ist, dass sich die „Klima-Wachstum-Beziehungen“ der Buchen verändert haben. Sommertrockenheit führt wie erwähnt zu einem geminderten Wachstum – das konnte ich auch für die untersuchten Buchen zeigen. Dieser Zusammenhang ist in den Jahren nach der Wiedervernässung deutlich schwächer ausgeprägt.

Welche Wissenslücken sind in diesem Bereich ihrer Meinung nach noch zu schließen?

Es ist bekannt, dass intakte Moore die Rückhaltekapazität des Landschaftswasserhaushalts steigern. Gleichzeitig ist anzunehmen, dass die hohe Luftfeuchtigkeit über der Moorfläche auch ein feuchteres Innenklima angrenzender Bestände befördert. Mich würde interessieren, in welchem Maße diese Faktoren die Klimasensitivität der untersuchten Buchen beeinflusst haben und wie stark intakte Moore im Waldkomplex Trockenperioden abpuffern können.

Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie aus den Ergebnissen bezüglich des Klimawandels?

Strukturreichtum und Naturnähe sind wichtige Grundvoraussetzungen für resistente und resiliente Ökosysteme in einer sich rasant ändernden Umwelt. Mir ist es wichtig, auch die Wirtschaftswälder nicht isoliert zu betrachten. Sie stehen in Wechselbeziehungen zu anderen Landschaftselementen, z. B. sind sie mit den Waldmooren hydrologisch verbunden. Die letzten beiden Jahre haben gezeigt, dass Sommertrockenheit insbesondere unseren Buchenwäldern schon jetzt stark zu schaffen macht.

In meiner Masterarbeit habe ich mit der Wiedervernässung von Waldmooren ein Beispiel für eine Maßnahme betrachtet, die einen Beitrag zur Abschwächung des Klimawandels und die Anpassung an eben diesen leisten kann. Neben einer Verminderung der Treibhausgasemissionen des degradierten Moores zeigen die Wasserstandsanhebungen auch über das Projektgebiet hinaus positive Wirkung, da sie in den angrenzenden Buchenbeständen die Widerstandskraft gegenüber dem Klimawandel stärken.

Versuchsaufbau
Grafik: Ahlgrimm/ Lena Haeberlein

Die Abbildung verdeutlicht die Grundannahme der Forschungsarbeit `Mit nassen Füssen fit für den Klimawandel?´. Links sieht man die wieder vernässten Flächen, rechts den Waldbestand. Hier wurden ausschließlich Rotbuchen und Kiefern auf drei Standorten in Mecklenburg-Vorpommern untersucht.



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