Forschung
Ohne Bewirtschaftung: Buchen werden größer und stabiler
Im Vergleich unterschiedlich stark bewirtschafteter Buchenwälder zeigt sich, dass sich die Gestalt der Bäume deutlich ändert, je länger ein Wald nicht mehr für den Holzeinschlag genutzt wird. Dies kann zukünftig Konsequenzen für die Waldwirtschaft haben, wie eine Studie mit Beteiligung der Naturwald Akademie zeigt.
Die Autoren haben in ihrer Studie Buchen in vier Waldgebieten (Buchenreinbestände), alle im Westen von Schleswig-Holstein gelegen, untersucht. Ein Standort wird seit über 50 Jahren nicht mehr bewirtschaftet, ein weiterer seit über 20 Jahren. Die dritte Waldfläche wird aktuell schwach, die vierte stark bewirtschaftet. Mit Hilfe eines terrestrischen Laser-Scanners (TLS) wurden dort Buchen auf 28 verschiedene morphologische Merkmale untersucht. Zudem wurde die Verteilung des Holzvolumens auf den gesamten Stamm berechnet. Mittels dieses Verfahrens ist es möglich, jeden Baum oberhalb des Bodens genau zu vermessen und grafisch exakt dreidimensional darzustellen.
Klare Ergebnisse
Die Studie zeigt, dass sich die Einzelbäume je nach Bewirtschaftungsgrad in 26 von 28 Merkmalen signifikant unterscheiden. Dabei sind die Buchen in unbewirtschafteten Wäldern zwar dünner, hatten weniger Äste und ein geringeres Holzvolumen als jene auf den bewirtschafteten Flächen. In den stark bewirtschafteten Wäldern hingegen wuchsen die Bäume weniger hoch und hatten eine eher konische Form (sog. Abholzigkeit). In stillgelegten Wäldern wuchsen sie hingegen mehr zylinderförmig und haben eine kleinere Krone. Weiterhin ist die Menge an verwertbarem Derbholz (also Bäume mit einem Brusthöhendurchmesser über 7cm) in unbewirtschafteten Beständen größer als in stark bewirtschafteten Beständen.
Wirtschaftlich relevant
Diese Ergebnisse zeigen, dass in unbewirtschafteten Buchenbeständen ca. drei Viertel des Holzes verwertbares Derbholz ist. Auf den bewirtschaften Flächen hingegen ist es nur etwas mehr als die Hälfte, der Rest ist z.B. Reisig. Bezogen auf die astfreien Baumstämme ist in beiden Beständen das Holzvolumen nahezu identisch, wobei die Bäume im unbewirtschafteten Bestand dünner, jedoch höher wachsen und sich die Stämme nach oben weniger abholzig werden.
Ohne Bewirtschaftung 3,5 mal mehr Stammholz
Wie sind diese Unterschiede u.a. zu erklären? Die untersuchten unbewirtschafteten Waldflächen hatten deutlich höhere Vorräte, höhere Grundflächen und mehr Bäume pro Hektar als die bewirtschafteten Bestände. Dabei zeigt die Studie auch, dass konventionelle Methoden zur Ermittlung solcher Bestandesmerkmale diese oft weit unterschätzen, vor allem in unbewirtschafteten Wäldern. Der Fokus dieser Studie lag aber primär auf der Einzelbaumbetrachtung und nicht auf der Bestandesebene. Würde man jedoch die Bestandesdaten auf Basis der gescannten Einzelbäume berechnen, so ergibt sich für den unbewirtschafteten Wald eine fast dreimal höhere Menge an verwertbarem Derbholz. Auch die Menge des ökonomisch wertvollen Stammholzes wäre danach mehr als 3,5 mal höher.
Kommentar
Als Methode zur Baumvermessung liefert das terrestrische Laserscanning wichtige Erkenntnisse über das Wuchsverhalten und die Baumarchitektur. Im Naturwald bzw. in extensiv bewirtschafteten Wäldern wachsen Bäume nach den Ergebnissen dieser Studie effizienter. Sie bilden kleinere Kronen aus und verteilen ihr Holz gleichmäßig in astfreie, lange Stämme. Deren Holz ist für die Vermarktung besonders geeignet. In diesen Wäldern steht durch eine geringe Durchforstungsrate eine höhere Anzahl an potentiell wertvollen Bäumen pro Hektar. Diese Bäume binden darüber hinaus über einen längeren Zeitraum Kohlenstoff. Denn aus dem längeren astfreien Stammholz können einerseits mehr langlebige Produkte hergestellt werden und andererseits zersetzen sich im Wald verbleibende Totholzstämme langsamer.
Stabile und wertvolle Bäume
Die Ergebnisse dieser Studie sollten demnach wichtige Auswirkungen auf die Forstpraxis und die ökonomischen Entscheidungen im Buchenwald haben. Eine extensive Wirtschaftsweise führt zu einer höheren Bestandesdichte, zu höheren Vorräten und den oben beschriebenen Wachstumsmerkmalen. Die geringere Kronengröße und das zylinderförmige Wachstum des gesamten Stammes lassen außerdem eine geringere Windanfälligkeit erwarten. Schwach oder gar nicht mehr gepflegte buchendominierte Wälder bestehen also aus stabileren und wertvolleren Bäumen.
Hinweis: Mehrere der Autoren sind Mitarbeiter der Naturwald Akademie oder Mitglieder im wissenschaftlichen Beirat der Akademie.
Literatur
Long-Term Abandonment of Forest Management Has a Strong Impact on Tree Morphology and Wood Volume Allocation Pattern of European Beech (Fagus sylvatica L.), Louis Georgi et al. Forests 2018, 9 (11), 704; doi:10.3390/f9110704
Ergänzende Beiträge von der Tagung „Alte Buchenwälder“ in Deutschland, 2019