Per Satellit die Daten für ein zukunftsfähiges Waldmonitoring erfassen: Das Projekt MoniFor

Die Naturwald Akademie entwickelt in einem zweijährigen Projekt ein innovatives Verfahren für ein umfassendes Waldmonitoring in Deutschland und Europa. Im Zentrum steht die Nutzung von satellitengestützter Erdbeobachtungstechnologie, kombiniert mit KI-gestützten Analysen und ökologischen Langzeitbeobachtungen. Ziel ist es, die biologische Vielfalt, die Kohlenstoffspeicherung und das Kühlungspotenzial von Wäldern systematisch zu erfassen und auszuwerten.

Projekt MoniFor kombiniert Erbeobachtung und Waldinventur

Die Potenziale moderner Fernerkundung sind immens: Sie ermöglichen eine flächendeckende, zeitlich hochaufgelöste Erhebung ökologisch relevanter Indikatoren. Die Datensammlung geht über die herkömmlichen Stichprobenverfahren am Boden hinaus, wie zum Beispiel in den alle zehn Jahren stattfindenden Bundeswaldinventuren. Dennoch werden die Informationen aus Erdbeobachtungen bislang in nationalen und europäischen Berichtssystemen nicht ausreichend berücksichtigt – eine Lücke, die das Projekt MoniFor schließen will.

Die Naturwald Akademie arbeitet in dem Projekt erneut mit der Remote Sensing Solutions GmbH (RSS) zusammen. RSS ist einer der führenden deutschen Anbieter für Lösungen der Erdbeobachtung, Geoinformatik und des Umweltmonitorings. Die Naturwald Akademie und RSS tragen damit zur ökologischen, technologischen und politischen Weiterentwicklung eines zukunftsfähigen Waldverständnisses bei – wissenschaftlich fundiert, praxisnah und auf europäische wie globale Ziele ausgerichtet.

Daten über Klimakrise und Biodiversitätsverlust verbinden

Wälder gehören zu den ökologisch bedeutendsten Lebensräumen der Erde. Sie sichern das globale Klima, speichern Kohlendioxid, bieten Lebensraum für eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten, Pilzen, Einzellern und anderen Lebensformen. Wälder stellen lebensnotwendige Ökosystemleistungen bereit wie sauberes Wasser, Nahrung, Medikamente, Holz und andere Materialien. Sie gleichen Temperaturen aus, können Menschen vor Naturgefahren schützen und erhalten Böden. Wälder sind daher nicht nur für die Gesundheit des Planeten, sondern auch für das menschliche Wohlergehen von zentraler Bedeutung.

Dennoch sind Wälder weltweit zunehmend gefährdet – insbesondere durch zwei eng miteinander verknüpfte Krisen: den Klimawandel und den Verlust der biologischen Vielfalt. Beide Entwicklungen werden durch menschliche Aktivitäten verstärkt und bislang meist getrennt voneinander behandelt. Die Naturwald Akademie setzt sich mit dem Projekt bewusst für einen integrierten Ansatz ein, der Klimaschutz, Klimaanpassung und Biodiversität gemeinsam denkt.

Politischer Rahmen: Green Deal, EU-Waldstrategie und SDGs

Wälder sind integraler Bestandteil des Europäischen Green Deal sowie der UN-Nachhaltigkeitsziele SDG. Die EU-Waldstrategie und die EU-Biodiversitätsstrategie verfolgen das Ziel, die Qualität und Quantität der Wälder zu verbessern, ihren Schutzstatus zu stärken und ihre Resilienz gegenüber Störungen zu erhöhen. Dies erfordert belastbare, aktuelle und flächendeckende Informationen über Zustand, Funktion und Dynamik der Wälder – Daten, die in der bisherigen Praxis oft fehlen.

Ein Beispiel ist das deutsche SDG-Monitoring zum Indikator 15.1.1 „Waldfläche im Verhältnis zur gesamten Landfläche“. Dieses basiert derzeit auf ALKIS-Daten zur Landnutzung, die keine tatsächlichen Aussagen über Vegetationsbedeckung oder Waldzustand treffen. Veränderungen durch Dürre oder Schädigungen wie die mehr als 500.000 Hektar Schadflächen infolge der extremen Trockenheit 2018 bis 2022 werden nicht berücksichtigt. Das neue Monitoringverfahren von Naturwald Akademie und RSS will diese Datenlücken schließen.

Je mehr Strukturen im Waldbild, desto größer die biologische Vielfalt

Ein zentraler Bestandteil des Projekts ist die Entwicklung einer hochauflösenden Karte der Waldstruktur und der oberirdischen Biomasse auf Bundeslandebene. Die Waldstruktur beschreibt dabei die horizontale und vertikale Gliederung der Waldvegetation – darunter Baumhöhe und Kronenbedeckung. In Kombination mit der oberirdischen Biomasse und der Artenzusammensetzung wird ein Index für die Biodiversität entwickelt.  Daraus können Rückschlüsse auf Bewirtschaftung, Altersmischung und ökologische Qualität getroffen werden.

Je heterogener ein Wald strukturiert ist, desto größer ist seine ökologische Resilienz. Die neuen Waldinformationen liefern somit eine wissenschaftlich fundierte Grundlage für die Bewertung und Entwicklung naturnaher Waldbewirtschaftung auf kommunaler, nationaler und europäischer Ebene.

Oberflächentemperatur als Indikator für Kühlleistung der Wälder

Das dritte zentrale Informationsprodukt ist eine deutschlandweite Karte der Oberflächentemperatur von Wäldern. Diese visualisiert den natürlichen Kühleffekt von Waldflächen, insbesondere im Vergleich zu Siedlungs- oder Agrarflächen. Dichte, vitale Waldvegetation wirkt durch Beschattung und Verdunstung temperaturregulierend – ein Effekt, der angesichts zunehmender Hitzewellen und Extremwetterlagen zunehmend relevant wird.

Die Oberflächentemperatur gibt somit nicht nur Aufschluss über den ökologischen Zustand eines Waldes, sondern auch über seine Bedeutung für die Klimaanpassung – sowohl für das Ökosystem selbst als auch für den Landschaftswasserhaushalt in angrenzenden Regionen.

Von der Datengrundlage zur Strategie: Transfer in Politik und Praxis

Die Ergebnisse des Projekts fließen unter dem Titel „Waldmonitor Deutschland“ in fachliche und politische Diskurse auf nationaler und europäischer Ebene ein. Als Best-Practice-Beispiel soll das Monitoring dazu beitragen, ökologische Daten stärker in strategische Entscheidungen zu integrieren – sowohl in der Naturschutz- und Umweltpolitik als auch in der forstlichen Praxis.

Langfristig zielt das Projekt auf die Entwicklung eines Konzepts zur Bewertung von Wäldern als Träger vielfältiger Ökosystemleistungen ab. Es soll helfen, Wald nicht nur als Ressource, sondern als multifunktionales System zu verstehen – als Kohlenstoffspeicher, Klimaanlage, Biodiversitätsreservoir und Ort für Erholung und Naturerleben.

Waldmonitor Deutschland Karte

Auf der Seite des Waldmonitor Deutschland von Naturwald Akademie und RSS zeigen wir eine satellitenbasierte Darstellung des Waldzustandes und der Verteilung der Hauptbaumarten sowie eine aktuelle Karte der Waldbrände in Deutschland.

Daten zum Projekt


Projektname: Entwicklung eines erdbeobachtungs-basierten Waldmonitoring-
verfahrens unter Berücksichtigung von Biodiversität, Kohlenstoff und
Kühlungspotentialen (MoniFor)

Projektpartner: Remote Sensing Solutions GmbH

Projektdauer: Juli 2024 bis Juni 2026


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