Waldgutachten 2020 statt Waldstrategie 2050
Kritik an der Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats für Waldpolitik des Landwirtschaftsministeriums
Anlässlich der Tagung „Sind unsere Wälder noch zu retten?“(17.-20.8.20) des Bundesamts für Naturschutz nimmt ein Autorenkollektiv aus MitarbeiteInnen der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, der Naturwald Akademie, der Deutschen Umweltstiftung sowie von Wohllebens Waldakademie zum Eckpunktepapier des Wissenschaftlichen Beirats für Waldpolitik des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung Stellung.
Der Wissenschaftliche Beirat für Waldpolitik des Bundeslandwirtschaftsministeriums (WBW) hat eine Stellungnahme zum Eckpunkte-Papier „Waldstrategie 2050“ der Bundesregierung vorgelegt, welche die Diagnostik und v.a. die vorgeschlagenen Strategien zum Umgang mit der Waldkrise in Deutschland konkretisiert.
Eine Waldstrategie 2050 ist, wenn sie sich auf die Zukunft in 30 Jahren bezieht, ihren Namen nicht wert, da derzeitig – wegen der ausgeprägten Waldkrise – nicht einmal fünf Jahre in die Zukunft des Waldes in Deutschland gesehen werden kann.
Der WBW versäume eine kritische Aufarbeitung der Fehler in der vergangenen Waldbewirtschaftung. Es bestehe das Risiko dass neue gravierende Fehler gemacht würden. Explizit lege der Wissenschaftliche Beirat für Waldpolitik in seinem Dokument etwa eine Abkehr von Grundsätzen der naturnahen Waldbewirtschaftung nahe. Dies bedeute unter anderem, dass der WBW eine stärkere Nutzung, eine Absenkung der Vorräte und des Alters der Wälder vorschlägt. Naturverjüngung und einheimische Arten sollten laut WBW eine deutlich geringere Rolle bei der Waldentwicklung spielen.
Es wird auch kritisiert, dass der Beirat diverse internationale Studien nicht berücksichtigt, die eine stärkere Nutzung der Wälder als Option für den Klimaschutz überaus kritisch sehen.
Risiken, die sich aus den vom Beirat vorgeschlagenen Strategien ergeben und auch mit den aktuellen Räumungskahlschlägen zur Beseitigung von Schadholz und den Neupflanzungen auf Kahlflächen ergäben, würden nicht behandelt.
Das Autorenkollektiv fordert die Erarbeitung eines ‚Nationalen Waldgutachtens 2020‘ unter Einbeziehung aller relevanter wissenschaftlicher Disziplinen, welches eine ausgewogene Entscheidungsgrundlage für den Umgang mit der Waldkrise bereitstellen soll. Es geht dabei um eine aktuelle Darstellung von wissenschaftlichem Konsens und Dissens zum Zustand der Waldökosysteme und künftiger Risiken als Entscheidungsgrundlage für das kurzfristige Management, für die Orientierung der Waldpolitik sowie für die Diskussion einer langfristigen Waldstrategie mit AkteurInnen und BürgerInnen.