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Qualität über Quantität – Urwälder speichern Kohlenstoff im Boden nachhaltig
Xin Xiong und zwei weitere Forschende haben untersucht, wie sich Laubstreu auf den organischen Bodenkohlenstoff auswirkt. Momentan besteht die Annahme, dass ein höherer Streufall auch einen höheren Bodenkohlenstoff impliziert. Die Streuqualität findet nur selten Berücksichtigung.
In einer 15 Jahre (2000-2015) andauernden Feldphase in der Guandong Provinz (China) wurde das Verhältnis von stabilen Kohlenstoff-Isotopen (δ13C) in Pflanzen und dem organischen Bodenkohlenstoff auf einer Pionier- und einer Urwaldfläche ermittelt. Der Urwaldbereich ist seit 400 Jahren streng vor anthropogenen Einflüssen geschützt und besteht aus einem immergrünen Monsunlaubwald. Auf der Pionierwaldfläche hingegen wurde in den 1930ern künstlich eine Plantage mit der Kiefernart Pinus massoniana angelegt. Seither gab es keine Eingriffe mehr auf der Fläche. Beide Wälder liegen nahe beieinander, sind gleich in Bodengefälle und Höhenlage, aber unterscheiden sich in ihrem Sukzessionsstadium und somit im Bodentyp. Anhand der δ13C-Werte wurden die Auswirkungen der Vegetation auf den Bodenkohlenstoff und die Bodeneigenschaften quantifiziert. Zeitliche Änderungen in δ13C wurden verwendet, um den Anteil von neuem (2000-2015 entstandenem) und altem (vor 2000 entstandenem) Kohlenstoff am gesamten organischen Bodenkohlenstoff zu bestimmen.
Unterschiede im Boden
Das Kohlenstoff-Stickstoff-Verhältnis (C/N) der Streu im Urwald war niedriger als das im Pionierwald. Das bedeutet, dass den Pflanzen im Urwald mehr Stickstoff zur Verfügung steht. Während der Zersetzung der Streu wird Kohlenstoff frei. Ein Teil davon wird als organischer Kohlenstoff in den Boden eingetragen. Obwohl der Unterschied zwischen dem jährlichen Streufall in den Wäldern nicht signifikant war, war die absolute Menge des in den Boden eingetragenen Kohlenstoffs im Urwald (148,7±8,8 g C pro m2 und Jahr) deutlich höher als im Pionierwald (99,7±4,5 g C pro m2 und Jahr). Weiterhin konzentrierte sich der Kohlenstoffeintrag im Pionierwald auf die oberen Bodenschichten, während er im Urwaldbodenprofil gleichmäßiger verteilt war. Auch wies der Urwaldboden eine günstigere Bodenumgebung für die Kohlenstoffspeicherung auf. Von Bedeutung für diese Ergebnisse war nicht die Menge des Streufalls selbst, sondern die Menge des eingetragenen Kohlenstoffs als Zwischenprodukt der Streuzersetzung, die die deutlichen Unterschiede beim organischen Bodenkohlenstoff bewirkte.
Die Forschungsgruppe kommt zu dem Schluss, dass es nicht die Menge an Streu ist, sondern ihre Qualität (d.h. ein geringeres C/N-Verhältnis und ein geringerer Ligningehalt), die die Akkumulation organischen Kohlenstoffes im Boden steuert. Dies könne erklären, weshalb Wälder mit altem Baumbestand nachhaltig Kohlenstoff im Boden speichern. Die Ergebnisse stellen Kohlenstoffmodelle zur Berechnung des Bodenkohlenstoffes infrage, die allein Biomasse und Streufall berücksichtigen.
Kommentar
Xiong et al. (2019) heben mit ihrer Studie die Bedeutsamkeit differenzierter Betrachtungen von biologischen Prozessen hervor. Zwischen Boden und Vegetation besteht eine Wechselwirkung. Nach einer Zeitspanne von 400 Jahren, in denen kein Mensch Einfluss auf die Zusammensetzung und Struktur eines Waldes genommen hat, ist davon auszugehen, dass sich die potentielle natürliche Vegetation eingestellt hat. Ein Ökosystem mit Wechselwirkungen auf allen Ebenen, die letztendlich zu einer gleichmäßigen Einarbeitung von Kohlenstoff in den Boden führt. Allgemein bekannt ist, dass Böden deutlich größere Kohlenstoffspeicher darstellen, als die Vegetation darüber. Das gilt auch für Wälder. Zukünftig ist zu hinterfragen, ob der von vielen Seiten gefürchtete und propagierte Gleichgewichtszustand der Kohlenstoffspeicherung durch Zuwachs und Absterben von Bäumen nicht durchaus ein erstrebenswerter Zustand der Wälder ist, da sie dann quantitativ mehr Kohlenstoff im Boden speichern können. Die Studie von Xiong et al. (2019) verdeutlicht aber auch, dass es beim Vergleich von Wirtschaftswäldern mit Urwäldern wichtig ist, alte urwaldähnliche Wälder als Vergleich heranzuziehen und nicht erst seit wenigen Jahren zum Nationalpark erklärte ehemalige Wirtschaftswälder.
Literatur
Xiong et al. (2020): Soil organic carbon accumulation modes between pioneer and old-growth forest ecosystems, Journal of Applied Ecology, https://doi.org/10.1111/1365-2664.13747
Ähnliche Studien:
Dean, Christopher & Kirkpatrick, Jamie & Doyle, Richard & Osborn, Jon & Fitzgerald, Nicholas & Roxburgh, Stephen. (2020). The overlooked soil carbon under large, old trees.
Geoderma. 376. 114541. 10.1016/j.geoderma.2020.114541.
Luyssaert, S.; Schulze, E.-D.; Börner, A.; Knohl, A.; Hessenmöller, D.; Law, B. E. et al. (2008):
Old-growth forests as global carbon sinks. Nature 455 (7210), S. 213–215. DOI: 10.1038/nature07276.