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Rechte für Flüsse, Berge und Wälder

Wer bislang glaubte, dass die Natur dem Raubbau durch den Menschen hilflos ausgeliefert ist, findet hier ein Buch, das Mut macht. Anhand aktueller Beispiele erzählt es, dass die Natur weltweit immer öfter zu ihrem Recht kommt. Die Natur wird zur „Rechtsperson“.

Kann ein Fluss dieselben Rechte haben wie ein Mensch? Kann ein Waldgebiet vor Gericht gegen die Zerstörung durch ein Bergbauunternehmen klagen? Die überraschende Antwort lautet: Ja! In seinem Buch „Rechte für Flüsse, Berge und Wälder“ hat Herausgeber Matthias Kramm überraschende Beispiele aus aller Welt zusammengetragen, die zeigen, dass die Natur mehr und mehr zu ihrem Recht kommt. Dieser Trend begann im Jahr 2013 mit einem Präzedenzfall: der Forderung der Maori, der Ureinwohner Neuseelands, den Fluss Whanganui vor intensiver Fischerei und dem Bau von Wasserkraftwerken zu schützen. Tatsächlich konnten sich die Maori und die Regierung auf eine gemeinsame Erklärung einigen, in der der Whanganui als erstes Naturgebiet der Welt zur Rechtsperson erklärt wurde, die sich vor Gericht gegen Raubbau wehren kann.

Diskussion seit Jahrzehnten

Wie Matthias Kramm und die anderen Autoren schreiben, feierte damit eine alte Idee ihren ersten Erfolg. Denn das Konzept von der Natur als Rechtsperson brachte bereits vor Jahrzehnten der US-Rechtswissenschaftler Christopher Stone auf. Doch erst in den vergangenen 20 Jahren wird es weltweit von Regierungen und Gerichten tatsächlich ernst genommen. Die Autoren diskutieren die Schwierigkeiten und die Chancen, die dieses Recht mit sich bringt. Chancen bietet das Konzept, weil es die Möglichkeit eröffnet, einem Lebensraum als Ganzes zu seinem Recht zu verhelfen. Von Umweltverschmutzungen betroffene Einzelkläger haben es oft schwerer. Eine Schwierigkeit hingegen besteht darin, den Begriff Natur und damit das schützenswerte Naturgut exakt zu definieren. Hier bietet das Buch interessante Exkurse in die Naturphilosophie der Maori und anderer Ureinwohner, die den Menschen eher als Teil der Natur betrachten. Die Natur ist nicht einfach nur Ressource. Vielmehr ist in ihr alles miteinander verwoben.

Rechte und deren Umsetzung im Naturschutz

Das Buch zählt neben dem Whanganui-Fluss weitere Erfolgsbeispiele auf. So gelang es vor wenigen Jahren in Ecuador, ein Waldgebiet mit seltenen Tierarten vor der Zerstörung durch Bergbau zu schützen. Wissenschaftler hatten die „Rechtsperson Natur“ vor Gericht vertreten. In Europa wurde erstmals im Jahr 2022 ein Naturgebiet zur Rechtsperson erklärt, die große Lagune „Mar Menor“ bei Murcia. Damals verabschiedete der Spanische Senat ein entsprechendes Gesetz. Die Autoren diskutieren aber auch, dass das Recht allein oftmals nicht ausreiche. Entscheidend sei es, entsprechende Umweltschutzmaßnahmen umzusetzen – und dazu bedürfe es nicht zuletzt guter Kompromisse zwischen der Natur als Rechtsperson und dem Recht der Menschen, die die Natur nutzen wollen.

Zu abgehoben und wie ein Fremdkörper wirkt das letzte Kapitel (V)  des eigentlich sehr interessanten Buches, das sich mit der Darstellung von Natur im historischen und modernen Theater befasst. Intellektuell manieriert und wirklich störend wirkt ferner, dass der Text in Gänze mit „:“ gegendert wird, obwohl es an vielen Stellen durchaus genderneutrale Begriffe geben könnte. Da werden sogar Frösche zu „Stellvertreter:innen“ von Naturgebieten.

Buch Cover
Foto: Verlag

A. Gutmann, F. Raddatz, HL Bader, JG Ruales, J. Zenetti, R. Flemmer, A. Putzer, M. Kramm (Hrsg.)

Rechte für Flüsse, Berge und Wälder – Eine neue Perspektive für den Naturschutz?

Softcover, 112 Seiten, ISBN: 978-3-98726-039-1


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