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Stickstoff im Wald – ein zweischneidiges Schwert

Die Veränderung von Umwelteinflüssen kann, korrelierend mit der Standortqualität und den Bestandseigenschaften, das Wachstum von Forsten und somit ihre Kohlenstoff-Sequestrierung substantiell beeinflussen. Es ist daher entscheidend, die Wirkung dieser treibenden Kräfte zu verstehen, um abzuschätzen, wie Waldökosysteme auf den Klimawandel reagieren.

Die ForscherInnen um Sophia Etzold von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft untersuchten die jährlichen Zuwachszahlen von 1995-2010 in Europa. Die Daten stammen von 100.000 Nadel- und Laubbäumen in 442 gleichaltrigen Reinbeständen aus 23 europäischen Ländern. Gleichaltrige Bestände machen in Europa etwa 70 % der Waldfläche aus. Davon sind 30 % lediglich mit einer Baumart bestockt. Die Forschungsgruppe untersuchte, wie europäische Wälder auf Änderungen in 11 Variablen, unter anderem Bestandsseigenschaften, klimatische Umstände, Luft- und Bodenqualität sowie deren gegenseitige Beeinflussungen, reagierten.

Zu viel des Guten

Die WissenschaftlerInnen fanden heraus, dass, ungeachtet der unterschiedlichen Umwelteinflüsse, die Bestandsdichte und das -alter den größten Einfluss auf das Waldwachstum hatten. Doch auch Stickstoff hatte in weiten Teilen einen positiven Effekt auf das Wachstum. Dieser konnte sich jedoch bei zu hohen Stickstoffeinträgen (zwischen 24 und 30kg N/ha/Jahr) auch negativ auf das Wachstum auswirken, weil ein hoher Stickstoffgehalt die Standortbedingungen verschlechtert, z. B. durch eine veränderte Nährstoffkonzentration in Blättern und einer dadurch bedingten Änderung des pH-Werts im Boden.

Laut den AutorInnen der Studie hat die Stickstoff-Deposition mindestens so starke Auswirkungen auf den Zuwachs von Bäumen wie Klimaänderungen.

Kommentar

Die Studie von Etzold et al. (2020) macht deutlich, dass Wälder von vielen unterschiedlichen Faktoren beeinflusst werden. Genau wie die CO2-Depositionen, ist auch eine Überdüngung der Umwelt mit Stickstoff ein anthropogener Einfluss, den es durch geeignete Maßnahmen zu reduzieren gilt. Der Kraftverkehr ist für 13 % der Gesamtstickstoffemissionen (Stickoxide) verantwortlich, mehr als 60 % der Stickstoffeinträge stammen aus der konventionellen Landwirtschaft, genauer gesagt aus mineralischen und organischen Düngemitteln.

Werden Böden überdüngt, entsteht ein Stickstoffüberschuss, der hautsächlich über die Atmosphäre (Ammoniak und Lachgas) und das Bodenwasser (in Form von Nitraten) verbreitet wird. In den letzten Jahren überstieg die Ammoniak-Emission aus der Landwirtschaft die bundesweit gültigen Grenzwerte um fast ein Drittel. Die EU-Richtlinie zur Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe fordert Deutschland auf, seine Ammoniak-Emissionen bis 2030 um knapp ein Drittel gegenüber dem Jahr 2005 zu senken.

Die hohe Stickstoffbelastung schadet nicht nur dem Waldwachstum, sie führt durch Eutrophierung und Versauerung auch zum Verlust von Biodiversität. Zudem belastet Stickstoff unser Trinkwasser und schadet der Gesundheit.

Literatur


Etzold et al., Nitrogen deposition is the most important environmental driver of growth of pure, even-aged and managed European forests, Forest Ecology and Management, Volume 458, 15 February 2020, doi.org/10.1016/j.foreco.2019.117762