Eine Waldvision für Europa
Die aktuelle Studie der Naturwald Akademie zeigt, wie in Europa durch eine naturnahe, eingriffsarme Forstwirtschaft die Klimaleistung des Waldes ausgebaut werden kann. Im Idealfall können die Wälder jährlich doppelt so viel CO2 aus der Atmosphäre binden. Dafür müsste sich die heutige Praxis der Waldbewirtschaftung europaweit ändern.
Für die „Waldvision für die Europäischen Union“ wurde das theoretische CO2-Speicherpotential naturnaher Wälder ermittelt und vier unterschiedliche Holzproduktionsszenarien entwickelt. Im Anschluss sind verschiedene Kohlenstoff-Speicherpotentiale und Zusammensetzungen der Holzsortimente von 2018 bis zum Jahr 2050 berechnet worden.
In Bezug auf die Möglichkeiten der Kohlenstoffbindung in Produkten und durch Material-Substitution, beschränkt sich die Studie aufgrund der komplexen und kaum zu vorherzusagenden Annahmen darauf, jene darzustellen und zu diskutieren. Auch die energetische Substitution wird ausführlich und kritisch beleuchtet.
Sechs Länder sind entscheidend
Je nach Szenario kann es so zu einer starken Steigerung des CO2-Bindung durch Europas Wälder kommen. In Schweden, Finnland, Deutschland, Polen, Frankreich und Österreichs stehen über die Hälfte der wachsenden Bäume in der EU. Allein durch entsprechend weniger Einschlag in diesen Ländern könnten drei Viertel der gesamten zusätzlichen 242,4 Millionen t CO2 jährlich gebunden werden. Die Studie zeigt zudem, dass durch Förderung der Naturnähe das theoretische Senkenpotential der Wälder noch weiter ausgeschöpft werden kann.
Zusammenfassend können folgende Maßnahmen das Kohlenstoff-Senkenpotential der Wälder in der Europäischen Union fördern:
- Eine Erhöhung der Holzvorräte, denn diese liegen vielerorts weit unter dem theoretisch möglichen Vorratsvolumen.
- Eingriffsminimierung und Förderung von Baumarten der natürlichen Waldgesellschaft. Eine derart nachhaltige Forstwirtschaft führt zu höheren Holzvorräten und resilienten Laubmischwäldern.
- Die Reduzierung von bzw. der Verzicht auf Waldfrischholz bei der Brennholzproduktion trägt zum Vorratsaufbau bei und speichert mehr Kohlenstoff im Wald.
- Eine Änderung der EU-Richtlinie für erneuerbare Energien in Bezug auf die Energieholznutzung.
- Kurzlebige Produkte sollten primär aus einer möglichst stufenreichen Kaskadennutzung sowie aus einem optimierten Recycling entstehen.
Waldvision für Deutschland
Die Naturwald Akademie hat in Zusammenarbeit mit dem Öko-Institut bereits 2018 für Greenpeace eine Studie erstellt, welche die Auswirkung dreier Szenarien zur Waldbewirtschaftung auf den Schutz von Klima und Natur untersucht. Die Studie zeigt, dass auch die Wälder in Deutschland maßgeblich zum Klimaschutz beitragen können, wenn sie stärker geschützt werden. Bis zu 48 Millionen Tonnen CO2 könnten diese Wälder pro Jahr bei einer ökologischeren Bewirtschaftung binden – dies entspricht etwa der Hälfte des jährlichen CO2-Ausstoßes aller PKW in Deutschland. Sie finden die Studie rechts im Downloadbereich.