hand auf bemoosten Baumstamm

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Wie der Wald Menschen nachweislich heilt

Der Wald macht den Menschen gesund und das ganz von allein. Das Rauschen der Blätter, die Duftstoffe der Bäume, Vogelgesang und Bachgeplätscher heilen den Menschen und stärken seine Gesundheit. Japanische Wissenschaftler aus Immunologie, Kardiologie, Neurobiologie und anderen Fakultäten haben die gesundheitsfördernden Wirkungen des Waldes in einer Reihe von Studien belegt.

Schon der Anblick des Waldes genügt, damit der Blutdruck sinkt, der Puls sich verlangsamt und die Konzentration des Stresshormons Kortisol abnimmt, haben die Mediziner J. Lee und Bum-Yin Park bei Probanden in mehreren Feldstudien in japanischen Wäldern gemessen. „In unseren Feldstudien haben wir bewiesen, dass die Kortisol-Konzentration deutlich niedriger ist bei den Probanden, die einer Waldumgebung ausgesetzt sind als bei denen in einer städtischen Umgebung“, schreibt Bum-Yin Park, Wissenschaftler am Center for Environment, Health and Field Sciences der Universität Chiba in Japan.

Komplexe Heilwirkung

Park hat Probanden in unterschiedlichen Regionen Japans in Laub- und Nadelwälder geschickt, darunter auch in Naturwälder und einen alten Buchenwald. Die Testteilnehmer sind spazieren gegangen, haben im Wald gesessen, in den Wald geschaut und gehorcht. Shinrin-yoku, Waldbaden, nennen die Japaner das tiefe Eintauchen in den Wald, das eine der beliebtesten Therapieformen in Japan ist. „Die Wirkung des Shinrin-yoku ist komplex und besteht aus allen Elementen, die mit den Sinnen erfasst werden können“, schreibt Park.

Zu den Sinneseindrücken zählen Park und seine Kollegen auch die pflanzlichen Duftstoffe, mit denen Pflanzen untereinander und mit Tieren kommunizieren. Zu den Duftstoffen gehören mehrere Tausend Stoffe, die Terpene. Ein bekanntes Terpen ist Limonen, das z.B. auch in den Schalen von Zitronen vorkommt. Bäume verströmen Terpene, um nützliche Insekten auf Schädlingsbefall aufmerksam zu machen. Oder um andere Bäume zu warnen, ihre chemischen Schutzmechanismen hochzufahren, wenn Fressfeinde in ihrer Umgebung sind.

Das Gehirn entspannt im Wald

Menschen riechen manche der Terpene sehr deutlich, andere Terpene nimmt der Mensch unbewusst wahr, da ihre Konzentration im Wald gering ist. Dennoch wirken sie auf das Nervensystem. „Der Geruch wird üblicherweise mit Instinkt, Gefühl und Vorlieben assoziiert“ und dass der Geruch einen größeren Einfluss auf physiologische Veränderungen hat, als die Stimuli der anderen Sinne“, schreiben Yuko Tsunetsugu und Bum-Yin Park.

Park und sein Team fanden heraus, dass sich der Blutstrom im präfrontalen Cortex, einem Teil des Gehirns, seiner Probanden im Wald senkte. In der modernen Industriegesellschaft nutzt der Mensch vorwiegend die Fähigkeiten des präfrontalen Cortex, um zum Beispiel hochkonzentriert zu arbeiten oder einem Sachverhalt zu folgen. Entscheidend für die menschliche Gesundheit ist, dass der Denkapparat entspannen kann und sich die Gehirnaktivität in andere Areale verlagert, die der Mensch als ruhig empfindet. Die Studien von Park et al. zeigen anhand der Blutströme im Gehirn, dass der präfrontale Cortex im Wald zur Ruhe kommt.

Das amerikanische Team um G.N. Bratman bestätigt die neurologischen Befunde der Japaner. Bratman und Kollegen befragten ihre Testteilnehmer zudem, wie es ihnen im Wald ergangen ist. Alle Teilnehmer gaben an, dass sie schon nach kurzer Zeit weniger gegrübelt hätten. Stattdessen haben sie sich mit ihrer Umgebung beschäftigt und ihre Stimmung hellte sich auf. Übereinstimmend geben die befragten Waldbesucher in den zahlreichen Tests an, dass sie sich nach dem Aufenthalt im Wald stärker fühlten und weniger Angst und Unruhe fühlten. „Diese Studien legen nahe, dass erreichbare Naturregionen eine ernstzunehmende Ressource sind, um die psychische Gesundheit in unserer schnell verstädterten Welt zu verbessern“, schreibt Hiroko Ochiai von der staatlichen Gesundheitsorganisation Japans.

Aufenthalte im Wald steigern Killerzellen im Blut

Der Wald stärkt zudem das Immunsystem und schützt sogar vor Krebs. Qing Li, Professor an der Fakultät für Medizin an der Universität Tokio, hat mit seinem Team herausgefunden, dass Aufenthalte im Wald die Produktion der sogenannten Killerzellen anregen. Mit Killerzellen kämpft der Körper gegen Krebszellen. Nach einem Tag im Wald war die Anzahl der Killerzellen im Blut der Testteilnehmer um 40 Prozent gestiegen. Am zweiten Tag stieg die Zahl auf 50 Prozent im Vergleich zum Beginn des Tests. Dass diese Wirkung offensichtlich eine Zeitlang anhält, konnte Qiung Li nachweisen: noch sieben Tage nach dem Aufenthalt im Wald war die Anzahl der Killerzellen im Blut seiner Testteilnehmer deutlich erhöht. Für das verbesserte Immunsystem und den Anstieg der Killerzellen kann ebenfalls das gesunkene Stresshormon Kortisol verantwortlich sein, schreibt Ochiai.

Waldbaden gegen die gestresste Gesellschaft

Den Wald als Ort der Gesundheit zu betrachten, hatte schon 1982 die oberste Forstbehörde angeregt. Die Staatsförster erfanden gegen den aufkommenden Stress in städtischen Ballungsgebieten Japans schon damals das sog. Waldbaden. Der Name ist mittlerweile Programm: Wer Waldbaden betreibt, taucht tief ein in den Wald, geht im Bewusstsein der Gesundheit durch den Wald, macht Atemübungen, meditiert und legt sich auf Liegen nieder, um die heilenden Kräfte des Waldes mit allen Sinnen aufzunehmen.

Der japanische Staat fördert die Forschung zu den Auswirkungen des Waldes auf die Gesundheit seitdem. Seit 2012 gibt es an mehreren Universitäten Fakultäten für Waldmedizin, die International Society of Nature and Forest Medicine stärkt seit 2007 die Studien zu den therapeutischen Auswirkungen von Wald auf die Gesundheit.


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