
Grumsiner Buchenwald
Der Wald ist ein fast 600 ha großes Totalreservat. Die forstwirtschaftliche Nutzung ist hier verboten. Er gehört zur Kernzone des am 1. Oktober 1990 gegründeten Biosphärenreservats Schorfheide-Chorin und ist seit dem 25. Juni 2011 ein Teil des UNESCO-Weltnaturerbes „Buchenurwälder in den Karpaten und alte Buchenwälder in Deutschland“.

Anfahrt und Wanderwege: Der Wald liegt in der Nähe von Angermünde, 80 km nordöstlich von Berlin. Vier sogenannte Buchenblatt-Rundwanderwege, ausgehend von Altkünkendorf, Groß-Ziethen, Luisenfelde und Zuchenberg, führen zum Weltnaturerbe. Der Tourismusverein Angermünde bietet geführte Wanderungen mit zertifizierten Natur- und Landschaftsführern an. In Altkünkendorf gibt es außerdem neben der Dorfkirche einen Informationspunkt zum Grumsiner Buchenwald.
Historisch alte Waldfläche
Der Biologe und Umweltschützer Prof. Michael Succow schreibt in „Ein Buchenwald im Wandel der Zeit – 300 Jahre Nutzungsgeschichte im Grumsiner Forst“ über Grumsin:
„Als ich diesen Wald […] das erste Mal erleben durfte, war ich tief beeindruckt, ein großer nahezu geschlossener Buchenwald mit prächtigen Mooren und einer Vielzahl von Seen […], das hatte ich vordem im nordostdeutschen Tiefland noch nirgendwo erlebt.“
Dass der Wald so schön ist, liegt auch an seiner Geschichte. Er ist eine „große zusammenhängende historisch alte Waldfläche“, wie sie es in Deutschland leider nur noch ganz selten gibt. Diese blieb erhalten, weil die sehr steinigen Böden „keine rentable landwirtschaftliche Nutzung“ erlaubten. Folglich sind die Böden auch nicht durch schwere Traktoren verdichtet. Hier wächst seit mehreren hundert Jahren Laubwald. Die Buchenbestände sind nicht künstlich angepflanzt, sondern gingen aus Naturverjüngung hervor.

Für den Grumsiner Wald sind fast 350 höhere Pflanzenarten nachgewiesen. Der Anteil der Rote-Liste-Arten liegt bei 17 Prozent. Auch die Tierwelt Grumsins spiegelt die räumliche Verbindung von Wald und Wasser wider. Der Buchenwald hat zusammen mit anderen großen Waldgebieten und darin gelegenen Nicht-Waldhabitaten in der Region eine große Bedeutung als Brutgebiet für verschiedene vom Aussterben bedrohte Großvogelarten. Dazu gehören der Seeadler (Haliaeetus albicilla) und Kraniche (Grus grus), aber auch Schwarzspecht (Dryocopus mar-tius) sowie der Schwarzstorch (Ciconia nigra).
Erich Mielke und das Staatsjagdgebiet der DDR
In der DDR war Grumsin ab Mitte der 60er Jahre Staatsjagdgebiet des Ministers für Staatssicherheit Erich Mielke. Er residierte im weiträumig abgeriegelten Jagdschloss Wolletz am Wolletzsee, nur 5 km nordöstlich von Altkünkendorf. Weil Mielke möglichst kapitale Hirsche jagen wollte, herrschte eine extrem hohe Wilddichte. Grumsin wurde für Besucher gesperrt. Nur sehr wenig Holz wurde genutzt. 1979 und 1983 wurden zum letzten Mal einige wenige junge Bäume gefällt. So konnte sich ein großer Vorrat an Altholz aufbauen.
Seit Gründung des Biosphärenreservats Schorfheide-Chorin vor 30 Jahren ist der Grumsin ein Totalreservat und darf nicht mehr bewirtschaftet werden: Axt und Säge sind verbannt.
Die Biologie des Grumsiner Forsts
Weil im Grumsiner Buchenwald viele Moore vorkommen, treten dort auch Erlenbruchwälder auf, also stark vernässte, überflutete, sumpfige Wälder, in denen die Schwarzerle dominiert. Es gibt auch fünf Seen, die Lebensräume bieten für seltene Arten wie Seeadler, Schwarzstorch und Kranich. Der Wanderweg führt direkt am Nordufer eines dieser Seen, des Buckowsees, vorbei.
In der Nähe der Seen gibt es viele kleine Tümpel, von denen der Laubfrosch profitiert. Im manchen Tümpeln gibt es kleine Inseln, die im Frühling von einem dichten Rasen aus Buschwindröschen und Milzkraut bedeckt sind.

Der Buchenwald Grumsin repräsentiert den basenreichen Tiefland-Buchenwaldtyp der mitteleuropäischen Buchenwälder. Die natürlichen Waldökosysteme liegen im Bereich der Endmoränen des Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin. Es handelt sich um den Idealtyp einer naturnahen jungen Endmoränenlandschaft mit starkem Relief und einer großer Vielfalt eingelagerter Erlenbrüche, Moore und Seen.
Ähnlichkeit mit den Heiligen Hallen
Forstwissenschaftlerin Susanne Winter vergleicht den Grumsiner Buchenwald mit einem weiteren sehr berühmten Buchenwald in Deutschland, mit den Heiligen Hallen bei Feldberg in Mecklenburg-Vorpommern:
„Vielleicht ist die jetzige Bestandesstruktur [des Grumsiner Buchenwalds] in etwa mit jener der Heiligen Hallen um 1850 vergleichbar, als diese vom Großherzog Georg von Mecklenburg-Strelitz zum Erhalt der Hallenstruktur des Buchenwaldes dauerhaft unter Schutz gestellt wurden.“
Der Großherzog schrieb damals ein Gedicht über seine alten Buchen; heute gilt es auch für die in Grumsin:
Unter meinen alten Buchen,
Die wie Himmelssäulen stehn,
Möcht’ ich Dich, o Ruhe, suchen,
Möcht’ den Himmel wiedersehn,
Wie er durch die dunklen Äste
Zwiefach schön und hehr erscheint,
Dann seh ich gewiss das Beste
Erd und Himmel eng vereint.
Sehr hoher Holzvorrat
In der bereits zitierten wissenschaftlichen Untersuchung von Winter u. a. wurde mit rd. 650 m3 ein sehr hoher Holzvorrat festgestellt. Das ist fast doppelt so viel wie in bewirtschafteten Buchenwäldern. Laut dritter Bundeswaldinventur beläuft sich der Holzvorrat dort auf nur rd. 350 m3. Der Totholzvorrat im Grumsiner Forst ist allerdings noch sehr gering: nur rd 11 m3. Der Buchenwald befindet sich eben in der Optimal- und noch nicht in der Zerfallsphase.
Schluss
Zum Totalreservat, in dem jede forstwirtschaftliche Nutzung untersagt ist, wurde der Buchenwald Grumsin in der allerletzten Sitzung des Ministerrats der DDR am 12. September 1990. Danach wurde der Ministerrat aufgelöst. Ein Mann, der das sogenannte Nationalpark-Programm maßgeblich vorangetrieben hat, war Michael Succow, damals stellvertretener Umweltminister in der Regierung Modrow. Das Schlusswort gebührt Succow:
“Spätere Generationen werden einen Urwald vor den Toren der Stadt Berlins erleben können, dessen Konturen wir schon jetzt schemenhaft erahnen.“
Mehr Informationen, Bilder und Videos zum Grumsiner Buchenwald finden Sie hier.
Quellen:
Luthardt, R. Schulz, M. Wulf, Ein Buchenwald im Wandel der Zeit – 300 Jahre Nutzungsgeschichte im Grumsiner Forst, Rangsdorf 2004, S. 5 und 32
Winter, H. Schumacher, M. Flade und G. Möller: Naturschutzstandards für die Bewirtschaftung von Buchenwäldern im nordostdeutschen Tiefland, Eberswalde 2003, S. 133-134 und 177