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Heimat der eleganten Jäger

Denkt man an Greifvögel im Wald, dann fallen vermutlich vielen Menschen zunächst die Eulen ein. Tatsächlich aber sind Wälder auch Heimat für viele andere Greifvögel: Habichte oder Schreiadler zum Beispiel. Vor allem ältere Wälder sind für die Vögel als Brutgebiet und Jagdrevier attraktiv.

Greifvögel sind majestätische Wesen. Es hat etwas Erhabenes, wenn sie am Himmel sanft dahingleiten, sich nur mit wenigen ruhigen Flügelschlägen in der Luft halten. Meist sieht man sie, wenn sie über der offenen Landschaft kreisen oder am Wegesrand auf Bäumen oder Pfählen hocken und nach Beute Ausschau halten. Doch viele Greifvogelarten sind nicht allein im Offenland zuhause, sondern auch im Wald. Der Wald dient ihnen als Jagdrevier oder Brutgebiet – allen voran dem Habicht.

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Habichte (Accipiter gentilis) siedeln sich in Gegenden mit alten Baumbeständen und artenreichen Wäldern an. Darum gilt der edle Greifvogel unter Forschern auch als Indiz für eine intakte Natur. Sie bevorzugen für den Bau ihrer Horste alte, hohe und breite Bäume. Die Nester erreichen schnell eine Höhe von einem Meter. In Deutschland wird der Bestand auf 11.500 bis 16.500 Brutpaare geschätzt.

Mit seinen kurzen, runden Flügeln ist er perfekt an die Jagd im Dickicht angepasst. Wenn er hinter kleineren Vögeln hersaust, reagiert er blitzschnell. Er weicht Zweigen aus und rauscht selbst durch kleine Öffnungen im Blätterdach geschickt hindurch. Im mitteleuropäischen Wald ist der Habicht die Greifvogelart schlechthin.

Brutgebiet für viele Vogelarten

Doch auch für andere Greifvögel sind Wälder eine Heimat – mal abgesehen von den Eulen und Käuzen vor allem für den Sperber, den Mäusebussard, den Rotmilan oder den inzwischen selten gewordenen Schreiadler. Für sie ist der Wald vor allem als Brutgebiet von Bedeutung; denn anders als der Habicht jagen sie meist in der offenen Landschaft. Wobei es natürlich Ausnahmen gibt. Der Mäusebussard und der Sperber etwa jagen durchaus in lichten Waldbereichen. Sie harren auf einer Warte in Bodennähe aus und stürzen sich dann auf Kleinsäuger oder Singvögel – der Sperber vor allem auf Drosseln, Stare, Sperlinge, Finken oder Meisen.

Fotofalle zeigt unbekanntes Jagdverhalten

Ein interessantes und bislang unbekanntes Jagdverhalten von Mäusebussard und Habicht hat Volker Zahner, Professor für Zoologie und Wildtierökologie an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf in Weidenbach, vor einiger Zeit beobachtet. In seiner Studie hatte er untersucht, welche Tierarten verlassene Schwarzspechthöhlen nutzen. Er fand heraus, dass dort vor allem Hohltauben brüten. Für die Untersuchung montierte er an den Höhlen Kameras, die durch Lichtschranken ausgelöst werden. Und dabei machte er eine ungewöhnliche Entdeckung: Habichte und Mäusebussarde landen direkt an der Höhle, halten sich mit einem Fuß an der Borke fest und greifen mit dem anderen in die Höhle hinein, um brütende Vögel oder Jungtiere zu schnappen. Manchmal lauern die flinken Habichte in unmittelbarer Nähe der Höhlen, um Altvögel zu erbeuten, die gerade ihre Jungen füttern. „Das Ausräumen von Höhlen kennt man unter anderem von Mardern. Für Habichte und Mäusebussarde war das neu“, sagt Volker Zahner. „Und besonders überraschend war für uns, dass selbst ausgesprochene Offenlandjäger wie der Mäusebussard auf diese Art direkt im Wald jagen.“

Foto: Volker Zahner

Eine besondere Jagdmethode des Habichts wurde kürzlich entdeckt. Vor einer Schwarzspechtbaumhöhle hält ein Habicht sich mit einem Fuß an der Borke fest, um mit dem anderen Fuß brütende Vögel oder Jungtiere herauszugreifen. Die Habichte lauern auch in der Nähe der Höhlen, um die Altvögel zu erbeuten. Der Mäusebussard wendet diese bislang unbekannte Technik ebenfalls an.

Groß genug für schwere Horste

Ganz gleich, ob als Brut- oder Jagdgebiet: Wälder spielen für die verschiedenen Greifvogelarten eine große Rolle. Der Schreiadler etwa benötigt für die Brut naturnahe zusammenhängende Laub- und Mischwälder, vor allem auch Feuchtwälder im Tiefland. Dass seine Bestände in den vergangenen Jahrzehnten abgenommen haben, liegt vor allem auch an massiven Holzeinschlägen und den Verlusten von Bäumen für die Brut. So gibt es in Deutschland aktuell nur noch rund 100 Schreiadler-Brutpaare. Für ihn und die anderen Greifvogelarten sind Bäume vor allem dann attraktiv, wenn sie alt, breit und groß sind. Rotmilane etwa brüten in zwanzig Meter Höhe. Zudem sind die Horste schwer und brauchen Platz. Sie werden teils über viele Jahre genutzt, immer wieder mit neuen Zweigen ausgebessert und wachsen dadurch nach und nach. Habichthorste erreichen leicht eine Höhe von einem Meter und eine Breite von anderthalb Metern. Auch brüten die Greifvögel gern auf sogenannten Hochstümpfen – Bäumen, die in großer Höhe abgebrochen sind. Da die Stümpfe dem Regen ausgesetzt sind, frisst sich die Fäulnis nach und nach ins Holz. So entstehen mit der Zeit Vertiefungen, die die Vögel gern für den Nestbau nutzen.

Der Habicht als Indiz für naturnahe Wälder

Als Waldjäger ist der Habicht am engsten mit den Wäldern verbunden. Das zeigen auch Studien finnischer Forscher von der Universität Helsinki und der Nova-Fachhochschule in Ekenäs. Die Forscher stellten fest, dass die Habichte meist in naturnahen Wäldern vorkommen, die sehr artenreich sind. Sie konnten zeigen, dass sich Habichte damit auch als Zeigerarten, sogenannte Bioindikatoren, eignen, die einen wichtigen Hinweis auf den Zustand der Lebensräume geben. Gemäß den finnischen Experten ist der Habicht sehr gut geeignet, um relativ schnell und einfach schützenwerte Waldstandorte zu identifizieren. Er ist sozusagen die perfekte Art für ein Schnellmonitoring von Wäldern. In ihrer Studie haben die Finnen zugleich den Artenreichtum verschiedener Wald- und Offenlandstandorte untersucht und zu den Vorkommen des Habichts in Beziehung gesetzt. Damit kommen sie zu einem interessanten Schluss: Der Schutz von Gebieten um Raubvogelnester ist eine sehr sichere und pragmatische Methode, um den Verlust der biologischen Vielfalt der Wälder zu stoppen. Denn wo der Habicht wohnt, ist die Natur weitgehend im Lot.

Größenunterschied als Erfolgsrezept

Keine Frage: Der Habicht ist eine ganz besondere Waldvogelart, die noch dazu biologisch ausgesprochen interessant ist. So ist das Habichtmännchen nur etwa ein Drittel so groß wie, das Weibchen, weshalb man es traditionell auch als „Terzel“, Drittel, bezeichnet. Während der Brut versorgt das Männchen das Weibchen, das sich in dieser ruhigen Zeit mausert. Das hat den Vorteil, dass das Weibchen mit frischem Federkleid auf die Jagd gehen kann, wenn die Jungtiere heranwachsen und mehr Energie benötigen. Jetzt jagen Männchen und Weibchen gemeinsam. Ihre unterschiedliche Körpergröße ist ihre Stärke, denn Männchen und Weibchen jagen verschieden große Beutetiere, wodurch sich das Beutespektrum des Pärchens deutlich vergrößert. Auch wenn das Nahrungsangebot in einer Saison einmal spärlich sein sollte, finden beide gemeinsam stets genug, um den Nachwuchs satt zu kriegen.


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