Bach im Bayerischen Wald

Foto: Wildnis-in-Deutschland.de / Daniel Rosengren ZGF

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Bach, Wald, Fluss – ein natürliches Ökosystem

In natürlichen Wäldern bergen Waldbäche den Ursprung des Lebens. Fusselgroße Bachflohkrebse und Schnecken klammern sich ans Schwemmholz, im Sand und Kies entwickeln sich die Larven von Köcherfliegen, Eintagsfliegen und stecknadelkopfgroße Muscheln, Wasserasseln und Schwimmkäfer gründeln in ruhigen Gumpen. Die Wirbellosen und Insekten zerkleinern, zersetzen und fressen Algen und Wasserpflanzen sowie Blätter, Moose, Äste, die in den Bach gefallen sind. Nur in ruhigen Waldbächen können die kleinen Tierchen leben, in Gebirgswaldbächen rauschen sie mit der Strömung davon.

Insekten, Krebse, Schnecken tummeln sich in Waldbächen

Die rasenden Bäche bieten Insekten, Wirbellosen und auch den Feuersalamandern, Kröten und Unken andere Lebensräume in Bachschleifen und auf Kiesbänken. Bergbäche fließen mit solcher Wucht, dass sie hier über die Ufer springen und Wasserlachen an Land bilden, dort  das Ufer schmirgeln und tiefe, ruhige Gumpen schaffen. Die Bergbäche teilen sich, fließen in zwei Armen um eine Kiesbank, bilden Schlingen und Kurven und lagern Steine, Sand und Schwebteile auf Inselchen und Bänken im Bach ab. Die Formen natürlicher Waldbäche sind so vielfältig, wie die von ihnen geschaffenen Lebensräume. Und diese Vielfalt schafft die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten im und am Waldbach, von der zum Beispiel auch die Wasseramsel lebt. Sie stürzt sich vom Ufer in den Bach und taucht nach den Tierchen.

Die unterschiedlichen Bacharten haben sehr charakteristische Waldgesellschaften hervorgebracht. Den Hainmieren-Schwarzerlen-Wald finden wir in Auen, die regelmäßig von klaren, kühlen Bächen überflutet werden. In den gerölligen und steinigen Bach führenden Schluchten wächst der Bergahorn-Eschen-Schluchtwald. Diese Waldgesellschaft kann in einen Sommerlinden-Bergahorn-Bergulmenwald übergehen, wenn es kühl und feucht genug ist. In den Tälern fließen Bächen mancherorts noch durch den Bach-Erlen-Eschenwald. Die meisten natürlichen Waldgesellschaften mit Bächen oder an Flußauen existieren nur noch in Resten. Alle stehen ausnahmslos auf der Roten Liste bedrohter Lebensräume.

Auenwald in Norddeutschland
Foto: Naturwald Akademie

Auenwald: In Europa gibt es kaum ein artenreicheres Ökosystem als Auenwälder“, sagt Dr. Meike Kleinwächter. „Es ist die einzigartige Kombination verschiedener Lebensräume in einem kleinen Gebiet, die diese Vielfalt hervorbringt.“ Solche Auen und Auenwälder findet man z.B. entlang der Flüsse oder großer Bäche, dort wo sich das Wasser noch relativ frei seinen Weg bahnen kann. Auen seien amphibische Lebensräume, die mal unter Wasser stehen und dann wieder trockenfallen. Mehr dazu hier.

Feuersalamander und Bachforellen prägen den Bach am Ursprung

Die Bachflohkrebse, Köcherfliegen, Libellenlarven, Posthornschneckchen, Muscheln sind ein gefundenes Fressen für Feuersalamander und Bachforellen. Sie prägen die Region des Bachs, an dem Bach und Wald noch unter sich sind und das Wasser auch im Sommer kalt und reich an Sauerstoff ist. „Forellenregion“ nennen BiologInnen dieses Ökotop, das im weiteren Verlauf des Baches in die „Untere Forellenregion“ übergeht. Dort fühlen sich auch Fische wie die Mühlkoppe und das immer seltener Bachneunauge wohl. Bestimmte Fischarten wie eben die Bachforelle gelten als Zeigerart für bestimmte natürliche Regionen eines Fließgewässers. Je weiter sich der Bach von der Quelle entfernt, desto mehr Wasser regnet und sickert hinein, andere Bäche fließen dazu, bringen Tiere und Pflanzen mit sich, verändern die Strömung und den Strom. Der Übergang von Bach zu Fluss ist fließend und die Äsche, zu den Lachsfischen gehörend, zeigt, ab wo das Wasser ein Fluss ist. Vom Ufer aus betrachtet, helfen Bäume und Büsche bei der Einschätzung. Über einem Bach schließen sich die Gebüsche und die Baumkronen, über einem Fluss sehen Bachläufer den Himmel.

Algen erzählen davon, wie es dem Bach geht

Makrozoobenthos nennen GewässerkundlerInnen die Insektenlarven, Krebse, Muscheln, Schnecken und anderen wirbellosen Tierarten in einem Gewässer, die sie mit bloßem Auge sehen können. Die Arten des Makrozoobenthos sind Anzeiger für die Lebensqualität und erzählen den WissenschaftlerInnen, wie es dem Bach oder Fluss geht. Ob sie fehlen oder im natürlichen Flussabschnitt vorhanden sind, zeugt von der Qualität des Wassers – und davon, ob das Gewässer natürlich durchgängig ist.

So wie die Fische, leben auch die winzigen Tierchen des Makrozoobenthos nur in ganz bestimmten Abschnitten eines Baches und Flusses. Das gilt auch für Einzeller, Algen, Plankton (Phytobenthos) und andere Lebensformen, die mit bloßem menschlichem Auge unsichtbar sind. Die mikroskopisch kleinen Lebewesen bilden das Mikrozoobenthos. Auch diese Organismen sind an bestimmte Ökosysteme in Bach und Fluss gebunden.

Algen reagieren schnell auf die Veränderungen im Wasser und geben Auskunft über zu viele oder zu wenige Nährstoffe, den Salz- und Sauerstoffgehalt im Wasser oder auch wenn das Wasser zu warm ist. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn das Wehr eines Wasserkraftwerks den Bach staut.

Literatur


Was passiert mit dem Ökosystem Bach und Fluss, wenn sie im Sommer weniger oder gar kein Wasser mehr führen?

Verwendete Quellen

Biodiversität der Flussauen Deutschlands, hg. Erika Schneider et.al., Reihe Naturschutz und Biologische Vielfalt, Nr. 163, Bundesamt für Naturschutz, Bonn 2017

Fließgewässer im Wald. Beiträge und Untersuchungsergebnisse zu ökologischen Funktionen, zur Gewässerstruktur und Gewässerfauna von Waldbächen. Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg


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