Pferd Pit im Einsatz

Foto: Fuhrhalterei Stertenbrink

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Holzernte mit vier Pferdestärken

Wer seinen Wald schonend bearbeiten will, kann aufs Pferd setzen und sein Holz von Fuhrhalte-Unternehmen abtransportieren lassen. Elmar Stertenbrink, Vorsitzender der bundesweiten Interessengemeinschaft Zugpferde, betreibt seit fast 30 Jahren eine Fuhrhalterei. Er blickt optimistisch in die Zukunft, denn immer mehr Kunden fragen nach Holz aus schonender Waldwirtschaft.

Sie heißen Karla, Max, Wilhelm und Oskar. Karla ist am längsten dabei und kennt den Job aus dem Effeff. Max ist der Jüngste und im Moment noch in der Ausbildung. Aber zupacken können sie alle. Alle vier sind Rheinische Kaltblüter, muskulöse, schwere Pferde, die sich so schnell nicht aus der Ruhe bringen lassen. Ihre Aufgabe ist es, bis zu sechs Meter lange Baumstämme aus dem Wald zu ziehen, damit diese verladen werden können. „Keine Maschine kann Baumstämme so schonend durch den Wald bewegen wie ein Pferd“, sagt Elmar Stertenbrink, der Besitzer von Karla, Max, Wilhelm und Oskar. Elmar Stertenbrink betreibt eine sogenannte Fuhrhalterei in Erkrath bei Düsseldorf und bietet den Holztransport per Pferd, das „Rücken“, als Dienstleistung an. Zu seinen Kunden zählen sowohl Privatwaldbesitzer als auch Kommunen und Landkreise.

Klare wirtschaftliche Vorteile, statt Romantik

Wenn man Pferde im Wald arbeiten sieht, dann wirkt das ein wenig altertümlich, wie ein Bild aus der „guten alten Zeit“. Doch mit Romantik habe das nichts zu tun, sagt Elmar Stertenbrink. „Es gibt klare wirtschaftliche Vorteile, die den Einsatz von Pferden sehr interessant machen.“ Denn mit dem Pferd könne die Effizienz der Holzernte im Wald deutlich erhöht werden, wenn man Pferd und Maschineneinsatz klug kombiniere.

Foto: Fuhrhalterei Stertenbrink

Gemeinsam mit seinen sechs Mitarbeitern und den vier Pferden erntet Elmar Stertenbrink in einem Jahr rund 15.000 Festmeter Holz. Insgesamt ernten die Fuhrhalterei-Unternehmen hierzulande etwa 2,5 Prozent des Holzes per Pferd. Inzwischen wächst auch die Nachfrage nach Holz, das per Pferd geerntet wird. „Zu unseren Kunden zählen auch viele Privatwaldbesitzer, die auf schonende Ernte wert legen“, sagt Stertenbrink. „Viele ältere Kunden zum Beispiel haben den Wunsch, den Wald in einem guten Zustand an ihre Erben weiterzugeben.“

Heutzutage werden Bäume im Wald meist mit schweren Harvestern geerntet, Fahrzeugen, die Bäume absägen und zugleich mit einem Greifer verladen können. Die Harvester umfassen die Bäume, sägen sie ab und entfernen anschließend die Äste. Damit die schweren Maschinen in den Wald vordringen können, brauchen sie Fahrwege, sogenannte Rückegassen. Diese führen wie kleine Stichstraßen von den Forstwegen in den Wald hinein.

Weil für den Harvester-Einsatz viele Rückegassen nötig sind – etwa alle 20 Meter eine – geht viel Waldfläche verloren, auf der man sonst Bäume pflanzen könnte. Dank der Pferde lässt sich die Zahl der Rückegassen deutlich verringern, sagt Stertenbrink. Die Pferde ziehen gefällte Bäume ein Stück durch den Wald bis zur nächsten Rückegasse, wo sie dann auf Fahrzeuge verladen werden können. „Wenn sie das Pferd einsetzen, reicht es, alle 40 bis 50 Meter eine Rückegasse anzulegen, damit verliert man weniger nutzbare Waldfläche “, sagt er. In diesem Sinne sind die Pferde ideale Zulieferer der Maschinen. Und sie leisten Beachtliches: Ein Pferd kann pro Tag 35 bis 40 Kubikmeter beziehungsweise Festmeter Holz an eine Rückegasse transportieren, immerhin etwa zwei Lkw-Ladungen.

Vermeiden von Bodenschäden

Im Vergleich zur Leistung eines Harvesters, der pro Stunde bis zu fünf Festmeter verarbeiten kann, ist das wenig. Dennoch ist für viele Waldbesitzer das Pferd die Ideallösung für die schonende Baumernte. Pferde belasten den Boden nur punktuell. Schwere Erntemaschinen hingegen schädigen den Boden sehr oft. Ein Waldboden verfügt über ein System natürlicher Kapillaren und Löcher, durch die Wasser in den Boden eindringen kann und über die der Boden mit der Atmosphäre Luft austauscht. Schwere Maschinen verdichten dieses Gefüge nicht nur, sondern quetschen es auch zur Seite, womit das fein verästelte Kapillarsystem geschlossen und der Austausch von Wasser und Luft unterbrochen wird. Auch das feine Geflecht von Pilzen und Wurzeln kann dadurch geschädigt werden. „In vielen Forsten wird alle fünf bis sieben Jahre geerntet“, sagt Elmar Stertenbrink, „bei einer so regelmäßigen Befahrung mit schweren Maschinen ist es wahrscheinlich, dass der Waldboden irreparabel geschädigt wird.“

harvester im Einsatz
Foto: Shutterstock.com/Kletr

Die weniger ökologische Alternative zu den Zugpferden sind neben dem Traktor mit einer Seilwinde sogenannte Harvester. Dies sind tonnenschwere Fahrzeugen, die Bäume absägen und zugleich mit einem Greifer verladen können. Die Harvester umfassen die Bäume, sägen sie ab und entfernen anschließend die Äste. Damit die Maschinen in den Wald vordringen können, brauchen sie viele Fahrwege, sogenannte Rückegassen. Diese führen wie kleine Stichstraßen von den Forstwegen in den Wald hinein.

Elmar Stertenbrink ist Vorsitzender der bundesweiten Interessengemeinschaft Zugpferde (IGZ), die sich nicht zuletzt aus solchen Gründen für das Rücken mit dem Pferd stark macht. Zu den Kunden der IGZ-Mitglieder gehören unter anderem Betriebe, die beispielsweise nach den Kriterien des ökologischen Landbauverbands Naturland wirtschaften. Dieser verlangt von den Holzlieferanten eine schonende Ernte und unter anderem auch einen Rückegassenabstand von mindestens 40 Metern.

Umweltbewusste Kunden

Gemeinsam mit seinen sechs Mitarbeitern und den vier Pferden erntet Elmar Stertenbrink in einem Jahr rund 15.000 Festmeter Holz. „Im Vergleich zur gesamten Holzernte in Deutschland, die jährlich bei etwa 50 Millionen Festmetern liegt, ist das nicht viel“, sagt er. „Insgesamt ernten die Fuhrhalterei-Unternehmen hierzulande etwa 2,5 Prozent des Holzes per Pferd.“ Da sei noch Luft nach oben. Tatsächlich sehe er einen positiven Trend, weil das Bewusstsein bei den Kunden für schonend hergestelltes Holz zunehme. Damit wächst auch die Nachfrage nach Holz, das per Pferd geerntet wird. „Zu unseren Kunden zählen auch viele Privatwaldbesitzer, die auf schonende Ernte wert legen“, sagt er. „Viele ältere Kunden zum Beispiel haben den Wunsch, den Wald in einem guten Zustand an ihre Erben weiterzugeben.“

Als Dienstleister ist es Stertenbrink wichtig, den ganzen Ernte-Service aus einer Hand anzubieten, vom Fällen bis zum Abtransport per Lastwagen. Er setzt deshalb nicht nur auf seine Pferde, sondern hat auch einen Fortschlepper, mit dem er das Holz von der Rückegasse bis zum Lkw transportiert. „Pferd und Maschine passen perfekt zusammen“, sagt er. „Mit dem Pferd können wir das Holz an der Gasse konzentrieren, und dort spielt dann die Maschine ihre Vorteile voll aus. Nämlich das Holz schnell und effektiv wegzuschaffen.“ Elmar Stertenbrink wünscht sich, dass auch andere diesen Vorteil erkennen. „In den vergangenen 30 Jahren wurde die Holzernte durch den Maschineneinsatz immer intensiver. Das bringt Nachteile für den Wald mit sich. Natürlich braucht man für das Rücken mit dem Pferd und das Sägen mit der Motorsäge mehr Leute. Dennoch rechnet sich das Verfahren, wenn man es richtig macht.“

Schwieriger Markteintritt

In seiner Branche gebe es sehr engagierte junge Kollegen, die versuchten, sich im Markt zu etablieren. Die würden aber oftmals nicht wahrgenommen. Die Akquise sei schwierig, weil vielen Waldbesitzern die Vorteile der Dienstleistung kaum bewusst seien. Andererseits fehlt es in vielen Regionen an Fuhrhaltereien. „Wir werden oft angesprochen und gefragt, ob es in einer bestimmten Gegend Kollegen gebe und müssen dann leider verneinen. Fuhrhalterei ist ein regionales Geschäft, wir können mit unseren Pferden nicht weit reisen. Insofern gibt es in vielen Regionen Bedarf.“

Zugpferd
Foto: Fuhrhalterei Stertenbrink

Ein gut eingespieltes Team sind die Pferde und Mitarbeiter der Fuhrhalterei. Die Vierbeiner heißen Karla, Max, Wilhelm und Oskar. Karla ist am längsten dabei und kennt den Job aus dem Effeff. Max ist der Jüngste und im Moment noch in der Ausbildung. Aber zupacken können sie alle. Alle vier sind Rheinische Kaltblüter, muskulöse, schwere Pferde, die sich so schnell nicht aus der Ruhe bringen lassen.

Verstärkter Pferdeeinsatz im Staatswald?

Vor allem um den Newcomern in der Branche den Start zu erleichtern, würde sich Elmar Stertenbrink mehr Planungssicherheit wünschen. Eine solche Sicherheit könnte geschaffen werden, wenn sich die staatlichen Stellen verpflichteten, Teile der Staatswälder mit Rückepferden zu bearbeiten. „Vor allem in Mischwäldern mit kleinen und großen Bäumen verschiedener Altersklassen kann das Pferd seine Vorteile ausspielen, weil diese für Harvester nur schlecht zugänglich sind.“

Elmar Stertenbrink betreibt seine Fuhrhalterei bereits seit 1990. Und es sieht ganz so aus, dass es noch viele Jahre weitergeht. Die Auftragsbücher sind voll. Karla, Max, Wilhelm und Oskar werden ihm dabei helfen. Rosi und Lena sind bereits im Ruhestand. Und wenn die 28 Jahre alte Karla nicht mehr mag, wird es sicher einen starken Nachfolger geben, der genauso gut zupacken kann.



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