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Trocken und brandgefährlich

Viele deutsche Forste sind in heißen Sommern im Hinblick auf Waldbrände Hochrisikogebiete. Vor allem Nadelforste sind gefährdet, weil sie schnell austrocknen und leicht brennbares Material bilden. Hinzu kommt, dass viele Nadelbäume aus Regionen stammen, in denen Waldbrände ein Element der natürlichen Waldverjüngung sind.

Der Hitzesommer 2018 bricht Rekorde. Nicht nur, was die Temperaturen angeht, sondern auch in Sachen Waldbrand. In Schweden wüteten an etlichen Orten tagelang Feuer. In Griechenland nahmen die Brände verheerende Ausmaße an – und auch in Deutschland, in Brandenburg, gingen Forste in Flammen auf. In den Medien entbrannten Diskussionen über die Ursachen.

Bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass es je nach Region, dem dort herrschenden Klima und den Waldtypen vor Ort ganz unterschiedliche Gründe für das Ausbrechen von Feuern gibt. In vielen Fällen aber zeigt sich, dass zu den wesentlichen Brandursachen eine Waldwirtschaft gehört, die Feuer wahrscheinlicher macht. „Für Deutschland gilt, dass viele Forstbetriebe und Waldbesitzer durch die Auswahl an Bäumen und die Art der Waldnutzung in den vergangenen Jahrzehnten gewissermaßen direkt ins Feuer hineinlaufen – das zeigt sich in besonders trockenen Sommern wie diesem“, sagt Lutz Fähser, ehemaliger Forstdirektor des Stadtwaldes Lübeck und stellvertretender Vorsitzender des Bundesarbeitskreises Wald beim Naturschutzverein BUND. Vor allem der nicht standortgemäße Anbau von Nadelholzarten aus nördlichen Breiten sei ein Problem – beispielsweise von Kiefern. Lutz Fähser kennt die Zusammenhänge: „Die Verbreitungsgebiete der Kiefern oder auch Fichten sind Skandinavien und das nördliche Russland – und dort sind Waldbrände ein natürliches Element der Waldverjüngung.“ Der Grund: In den dunklen und kalten nördlichen Regionen gibt es in Wäldern nur wenig Licht und Wärme. Keimlinge haben kaum eine Chance, erfolgreich heranzuwachsen. Nur in lichten Flächen kann die Saat aufgehen. Solche Flächen entstehen im Norden vor allem durch Waldbrände: Die Zapfen öffnen sich erst, wenn sie auf 60 bis 80 Grad erwärmt wurden. Zugleich entstehen durch den Brand Lichtungen, auf denen die Samen dann keimen können.

Foto: Pixabay/Waldasek0

Nicht die Baumart ist entscheidend bei der Brandgefahr in Forsten. Vielmehr wird durch den gleichaltrigen Anbau der Bäume die Ausbreitung der Feuer kaum reduziert. Durch die Dichte der Rückgassen gelingt zudem viel Licht und Wärme in den Forst. Die Folge: Die Nadelforste trocknen schneller aus. Und die Rückgassen wirken im Brandfall dann mancherorts sogar noch als Brandbeschleuniger. Auf ihnen strömt die heiße Luft besonders schnell, wie in einem waagerechten Kamin.

Naturnahe Kiefern- und Fichtenwälder brennen kaum jemals in Gänze ab, betont Fähser. „Die alten Bäume sind so hoch, dass das Feuer unter ihnen hindurchrauscht und nur die dicke Borke verkohlt. Das, was brennt, sind vor allem junge und mittelalte Bäume, weil das Feuer bis in ihre Kronen hinaufreicht.“ Mit dem Anbau von Kiefern und anderen Nadelbaumarten habe man sich in den vergangenen Jahren genau jenen Wald nach Mitteleuropa geholt, der ein typischer Wald der Verjüngung durch Feuer sei. Das Problem: In Deutschland gibt es fast ausschließlich junge und mittelalte Nadelholzforste, weil die Bäume meist bei einem Stammdurchmesser von rund 40 Zentimeter gefällt werden. Ein großer Teil der Nadelholzforste ist damit potentiell brandgefährdet; so wie die Kiefernbestände aus preußischer Tradition, die in diesem Sommer in Brandenburg abgebrannt sind.

Verschärft werde die Brandgefahr durch die Art der Bewirtschaftung der Nadelholzforste. Um die Gebiete mit großen Ernte-Maschinen befahren zu können, den Harvestern, sind die Forste von vielen Transportwegen, den sogenannten Rückegassen, im engen Abstand von 20 Metern durchzogen. Diese zweigen von der Forststraße links und rechts in den Wald ab. Durch die vielen Rückegassen sind die Nadelforste besonders licht, sodass sie bei heißer Witterung schnell austrocknen. Hinzu kommt, dass im trockenen Boden kaum Fäulnis oder Zersetzung durch Mikroorganismen stattfindet. Die von den Bäumen herabrieselnden Nadeln sammeln sich deshalb zu dicken Matten – die, wenn sie austrocknen, eine große Menge brennbaren Materials liefern. „Wir haben ein forstliches Kunstsystem geschaffen, das ursprünglich aus einem Feuerökosystem stammt und dieses durch unsere forstwirtschaftlichen Methoden zusätzlich trocken gemacht“, resümiert Fähser – eine brandgefährliche Kombination.

Natürliche Abkühlung um bis zu sieben Grad Celsius

Lutz Fähser gehört international zu den Vorreitern des naturnahen Waldbaus, der unter anderem in Brasilien, Chile, Portugal und Georgien Beratungsprojekte durchgeführt hat. Für ihn steht fest, dass in Mitteleuropa ein naturnaher Wald den besten Brandschutz bietet. Naturnahe Laubwälder, sagt er, haben eine geschlossene Kronenfläche, die nur hier und da durch kleine Lichtschächte unterbrochen wird, die zum Beispiel durch umstürzende Bäume entstehen. „Diese Wälder sind relativ dunkel und haben auch im Hochsommer ein feuchtkühles Mikroklima. Im Vergleich zu einer Ackerfläche kann die Lufttemperatur hier an heißen Tagen um bis zu sieben Grad kühler sein. Durch den Unterwuchs und die lockeren Böden, bleibt viel Feuchtigkeit gespeichert, sodass diese Standorte per se gar nicht brennen können.“

Laubwälder würden hierzulande in der Regel nur dann brennen, wenn der Mensch durch die Baumernte größere lichte Flächen schafft, die durch Sonne und Wind unnatürlich stark austrocknen. „Ein zentrales Problem besteht für mich darin, dass wir unseren Wäldern nicht mehr erlauben alt zu werden“, sagt Fähser. „Bei Nadelwäldern steigt damit automatisch das Risiko, dass die Flächen komplett abbrennen.“ Was Laub- und Mischwälder angeht, kritisiert Fähser insbesondere auch die forstwirtschaftliche Methode der „Lichtwuchsbeschleunigung.“ Bei dieser Methode werden in Forsten einzelne größere Zielbäume für die spätere Ernte erhalten, der Bereich um die Bäume herum aber ausgelichtet, um für die Zielbäume bessere Wachstumsbedingungen zu schaffen. „Damit wird das feucht-kühle Waldklima gestört, was sich gerade in extrem heißen Sommern rächen kann.“

Dichte Wälder gegen Feuer

Für Lutz Fähser gibt es im Hinblick auf die Brandgefahr daher vor allem einen Ausweg: dem Wald die Chance geben, sich wieder natürlich zu entwickeln. „Dichte, extensiv bewirtschaftete Wälder sind der beste Schutz. Gerade auch mit dem sich verändernden Klima bieten sie mit ihrem dämpfenden Mikroklima eine Robustheit, die sich in Tausenden von Jahren so entwickelt hat. Mit künstlichen ausgetrockneten Standorten hingegen gehen wir enorme wirtschaftliche Risiken ein.“

Anmerkung: Dr. Lutz Fähser ist auch Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Naturwald Akademie. Er erhält zusammen mit Knut Sturm den renommierten B.A.U.M.-Umweltpreis 2018 für ihr Engagement mit dem sie die Nachhaltigkeit in (Forst-)Unternehmen und in der Gesellschaft voranbringen.



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