Bürgerinitiativen vorgestellt „Gegen die Waldzerstörung“
Wer sind die Aktiven, die sich in ganz Deutschland für den Erhalt natürlicher Wälder einsetzen? Wir wollen zeigen, was sie antreibt und was für die ehrenamtlichen Naturschützer die größten Herausforderungen in Konflikten mit Ämtern und Unternehmen sind.

Im Nürnberger Reichswald ging es los. Vier Bürger aus dem Landkreis Nürnberger Land wollten nicht mehr tatenlos zusehen, wie aus dem Reichswald durch eine intensive Waldbewirtschaftung in kürzester Zeit eine Waldplantage wird. Ursache dafür, da waren sich die Gründer einig, ist die seit 2005 wirksame bayerische Forstreform. Seitdem liegt der Fokus der Waldbewirtschaftung auf einer über das gesamte Jahr gesehen kontinuierlich maximalen Holzernte. Der Naturschutz und Naherholungswert des Waldes für den Bürger bleiben dabei weitestgehend auf der Strecke.
Im März 2017 wurde daher die Bürgerinitiative (BI) „Gegen die Waldzerstörung“ gegründet. Zurzeit wird sie von einer Kerngruppe aus vier Mitgliedern geführt. Etwa 60 Unterstützer bringen sich je nach Waldgebiet und Zeitaufwand zusätzlich ein. Ergänzend zum Kernteam und den Unterstützern arbeiten auch kompetente Fachleute bei der BI mit, so wurde unmittelbar nach der Gründung, Gotthard Eitler, der ehemaliger Leiter der Städtischen Forstverwaltung Bayreuth auf die BI aufmerksam und bot seine aktive Unterstützung an. Er hatte bereits zahlreiche Vorträge zu diesem Thema gehalten, darunter auch im Deutschen Bundestag, und war hocherfreut, nun auch in der Bürgerschaft Unterstützer gegen die rücksichtslose Art und Weise der Waldbewirtschaftung durch die Bayerischen Staatsforsten gefunden zu haben.
Zu einem späteren Zeitpunkt konnten auch ein wissenschaftlicher Experte für Bodenkunde, sowie Vogelkundler und Naturkundeführer für die aktive Mitarbeit bei der BI gewonnen werden. Das Kernteam gab im Juli 2017 auch den Anstoß zur Gründung einer bundesweiten BundesBürgerInitiativeWaldSchutz, der mittlerweile Bürgerinitiativen aus 11 Bundesländer angehören und die eine vernetzte Plattform für weitere kompetente Forstfachleute bietet. Alle Vier bringen sich nun aktiv in der BBIWS ein.
Schutz- oder Wirtschaftswald?
Der Fokus der BI ist dabei insbesondere auf den Nürnberger Reichswald mit seinen ca. 35.000 Hektar Fläche gerichtet. Dieser ist Bestandteil des NATURA-2000 Netzwerkes und ist zudem ein unter dem besonderen Schutz stehender Bannwald und als EU-Vogelschutzgebiet ausgewiesen. Bei der Bewirtschaftung des Reichswaldes durch die Bayerischen Staatsforsten spielen diese Schutzkriterien allerdings nur eine unwesentliche Rolle. Darüber hinaus setzt sich die BI auch für den Schutz weitere Stadt- und Kommunalwälder in Bayern z.B. der Pyrbaumer Wald „Stachelweiher“ ein. Ziel ist eine Reform der Forstreform von 2005.
Spricht man die Gründer der BI darauf an, warum ihnen der Wald so wichtig ist, sagen sie, dass der Wald eine Generationen-unabhängige Lebensgrundlage bildet, die nicht zerstört werden darf. Der Raubbau am Wald, ob in Deutschland oder in den Tropenregionen, hat zudem katastrophale Auswirkungen auf das Klima und die Artenvielfalt. Die Art der Waldbewirtschaftung durch den Einsatz von tonnenschwere Großmaschinen und die damit verbundenen irreversiblen Boden-schädigungen sowie die Fällung von Altbäumen, die als Totholz eine wichtige Grundlage für die Artenvielfalt wären, verstärkt die aktuellen Probleme wie Insektensterben, Rückgang der Vogelpopulationen oder die erhebliche Zunahme der Waldbrandgefahr.
Umsetzung von Lösungen statt Ausreden?
Die BI macht für diese negative Entwicklung der Wälder vor allem die auf eine maximal mögliche Holzernte ausgerichtete Sichtweise der Kommunal- und Landespolitiker, sowie die Bayerischen Staatsforsten dafür verantwortlich. Aber auch das fehlende Verständnis in den Kommunen sowie auf Bundesebene trägt gemeinsam mit der Interessenlosigkeit der Bürger zu der Gefährdung der Wälder in Deutschland bei.
Generell wünscht sich die BI von den politisch Verantwortlichen eine kritische Bewertung der aktuellen Waldbewirtschaftung und lösungsorientierte Vorschläge, wie der Wald in Zukunft trotz der forstwirtschaftlichen Nutzung deutlich besser geschützt werden kann. Dazu zählt auch, dass die Bürger nicht mit Ausreden und Beschwichtigungen über den Zustand des Waldes beruhigt werden und die Naturschutzbehörden und –verbände die notwendigen Verbesserungsvorschläge auch zeitnah umsetzen.
Alle Mitglieder der BI eint, dass sie sich einen artenreichen, robusten und naturnahen Wald in ihrer Region auch für die nächsten Generationen wünschen. Er wäre ein Mix aus Waldwildnis, Naturschutzgebieten und Flächen für die naturnahe Bewirtschaftung nach dem Vorbild des Lübecker Stadtwaldes. Die verantwortlichen Förster sollen dabei in überschaubaren Revieren arbeiten, die ein verantwortungsvolles und naturverträgliches Arbeiten möglich machen.
Die BI „gegen die Waldzerstörung“ ist Mitglied bei der Bundes BürgerInitiative Waldschutz. Weitere Details zur Arbeit der BI finden Sie auf ihrer Homepage sowie unter Facebook.
Informationen zum Reichswald
Im Reichswald, ein im Nord- und Südosten Nürnbergs gelegenes Waldgebiet in Bayern, dominieren die Nadelhölzer Kiefer und Fichte mit über 80% des Baumbestandes. Ursprünglich gab es dort Kiefern-Birken-Eichen-Mischwälder und Buchen-Mischwälder. Die heutigen Nadelwälder sind auch das Ergebnis eines Jahrhundertewährenden Nährstoffentzugs durch landwirtschaftliche Nutzung der Nadelstreu als Einstreu und Dünger. Neben den vorherrschenden Nadelwäldern gibt es entlang der Waldbäche auch Bruch- und Sumpfwälder, in den aufgelassenen Steinbrüchen haben sich verschiedene Biotope entwickelt. Insgesamt kommt man so im Reichswald auf 20 verschiedene allerdings kleinflächige Waldtypen, wie z.B. einen nassen Erlenbruchwald.