
Papst verlangt einen globalen Kurswechsel
In seiner Umwelt-Enzyklika Laudato Si sagt Papst Franziskus, dass wir unser gemeinsames Haus niemals so schlecht behandelt und verletzt haben.
Mit Papst Franziskus finden Naturschützer weltweit einen der wortmächtigsten Unterstützer. Er ist besorgt, ja entsetzt über die Zerstörung der Natur, der Tiere, Pflanzen, Lebewesen und der Verschmutzung des Planeten. Er fordert mit scharfen Worten zum Handeln in seiner Enzyklika Laudato Si – Gelobet seist du. „Wenn die Politik nicht imstande ist, eine perverse Logik zu durchbrechen, und wenn auch sie nicht über armselige Reden hinauskommt, werden wir weitermachen, ohne die großen Probleme der Menschheit in Angriff zu nehmen.“ (Laudiatio Si, 197)
Papst Franziskus verlangt daher „einen Kurswechsel“ in unserer Wirtschafts- und Lebensweise. „Das Prinzip der Gewinnmaximierung, das dazu neigt, sich von jeder anderen Betrachtungsweise abzukapseln, ist eine Verzerrung.“ (195), schreibt Franziskus. Denn: „… wenn die Abholzung eines Waldes die Produktion erhöht, wägt niemand in diesem Kalkül den Verlust ab, der in der Verwüstung eines Territoriums, in der Beschädigung der biologischen Vielfalt oder in der Erhöhung der Umweltverschmutzung liegt.“ (195)
Wissenschaftliche Argumente sind wichtig
Franziskus beschreibt mit wissenschaftlicher Präzision die Fakten über den Klimawandel. Er schreibt fundiert über die Zerstörung der Wälder für den kurzfristigen Profit, die Zerstörung der biologischen Vielfalt, die Verschmutzung der Ozeane und den globalen Mangel an sauberem Trinkwasser. Weltweit haben Wissenschaftler bestätigt, dass der Papst den Stand der Forschung richtig dargestellt hat. So hat auch der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdamer Institut für Klimaforschung die Enzyklika mit Vertretern der Kirche 2015 in Berlin vorgestellt.
Franziskus ruft jede und jeden auf, weniger zu konsumieren und naturverträglich zu leben. Jeder soll die Gewohnheiten überdenken, welche die Erde und ihre Geschöpfe schädigen. Denn nicht nur die Natur und Umwelt leiden unter der Ausbeutung, auch der Mensch selbst. Milliarden Menschen haben nicht ausreichend Nahrung, weil die Ozeane überfischt und die Wälder gerodet sind.
So haben allein drei Milliarden Menschen auf der Welt keinen Zugang zu Trinkwasser.
Schöpfung wahren ist des Menschens Pflicht
Papst Franziskus argumentiert auch theologisch für den Umweltschutz. Er spricht von der Schöpfung und dem Auftrag Gottes, alles Leben zu bewahren. Er beweist, dass in der katholischen Lehre ein tiefes Verständnis für die Ökologie verankert ist. „Wenn wir auf der Aussage bestehen, dass der Mensch ein Abbild Gottes ist, dürfte uns das nicht vergessen lassen, dass jedes Geschöpf eine Funktion besitzt und keines überflüssig ist“, schreibt Franziskus (84) und fasst damit gleichsam den Grundgedanken der Ökologie zusammen. Indem er alle Geschöpfe und alle Elemente in den Zusammenhang zur göttlichen Energie setzt, schreibt er: „Der Erdboden, das Wasser, die Berge – alles ist eine Liebkosung Gottes.“ (84)
Eine tiefe Spiritualität leitet Franziskus. Er spricht von „unserer Schwester der Mutter Erde“ und redet als Autorität der Welt ins Gewissen. „Die Zerstörung der menschlichen Umwelt ist etwa sehr Ernstes, denn Gott vertraute dem Menschen nicht nur die Welt an, sondern sein Leben selbst ist ein Geschenk, das vor verschiedenen Formen des Niedergangs geschützt werden muss,“ schreibt er.
Selbstverantwortung und Vorbild sein statt auf die Politik zu hoffen
Die Zeit ist wichtiger als der Raum, lautet eine der zentralen Botschaften der Enzyklika – lieber heute anfangen als auf die große Organisation warten. Denn die Politik sieht Franziskus als zu schwach an, um einen notwendigen Kurswechsel einzuleiten. „Die Unterwerfung der Politik unter die Technologie und das Finanzwesen zeigt sich in der Erfolglosigkeit der Weltgipfel über Umweltfragen,“ schreibt Franziskus (54).
Franziskus rät vielmehr dazu, „leaderships“ zu bilden. Mit anderen Worten: Neue Eliten sind gefragt, die als Vorbilder ihren Einfluss für die Natur und Umwelt einsetzen. „Es genügt nicht, die Pflege der Natur mit dem finanziellen Ertrag oder die Bewahrung der Umwelt mit dem Fortschritt in einem Mittelweg zu vereinbaren.“ In diesem Zusammenhang sind die Mittelwege nur eine kleine Verzögerung des Zusammenbruchs.
Hintergrund zum Titel der Enzyklika
Der Titel Laudato si stammt aus dem Sonnengebet des hl. Franz von Assisi. Papst Franziskus hat seinen Namen angenommen und sieht in ihm „eine Art Leitbild und eine Inspiration“. Denn der Heilige sei „das Beispiel schlechthin für die Achtsamkeit gegenüber den Schwachen und für eine frohe und authentisch gelebte ganzheitliche Ökologie.“
(Die Enzyklika hat das Potenzial für einen Dialog auf Augenhöhe mit der säkularen Umwelt- und Entwicklungsbewegung. Sie sprengt den oft ökonomisch-technokratisch verengten Horizont der Umwelt- und Entwicklungsdiskurse und öffnet diese für eine ethische und moralische Kritik des vorherrschenden Paradigmas.)
QUELLE
Laudato si, Enzyklika über die Sorge für das gemeinsame Haus. Papst Franziskus, 222 Seiten, Rom 2015.
Die Enzyklika besteht aus einer Einleitung und sechs Kapitel sowie zwei Gebeten. Einleitung und Kapitel sind in durchnummerierten Absätzen von 1 bis 246 gegliedert. Die Angaben in Klammern im Text beziehen sich auf diese Nummern.